
Auch Ehrenamtliche sollten bei ihrer Arbeit versichert sein
Es war früh am Abend des 21. Juli 2016, als Matthias Franke wie gewohnt ehrenamtlich den „Kirchenboten“ mit dem Fahrrad austrug. Ein unachtsamer Moment, und der heute 51-Jährige stürzte. Er schlug mit dem Rücken auf einer Bordsteinkante auf – seitdem ist er ab dem Bauchnabel gelähmt.
Laufen, das geht heute nicht mehr. Dabei bereitete es Matthias Franke viel Freude, mit den Läuferinnen und Läufern des FC Schüttorf 09 zu trainieren. Auch engagierte er sich „schon immer“, wie er sagt, im Kolpingwerk, dem örtlichen katholischen Sozialverband. Damit trifft ein Ergebnis der Studie „ZiviZ-Survey 2017“, herausgegeben von ZiviZ im Stifterverband und Partnern wie der Bertelsmann-Stiftung, so gar nicht auf den Schüttorfer zu. Es heißt nämlich: Ehrenamt sei kein lebenslanges Phänomen mehr, sondern ein phasenabhängiges und bedarfsorientiertes. Ein Leben ohne Ehrenamt? Undenkbar für Matthias Franke.
Unfallversichert oder nicht?
Ob im Fußballklub, im Seniorenheim oder in einer Unterkunft für Geflüchtete: Im Jahr 2018 gab es laut Statista in der deutschsprachigen Bevölkerung ab 14 Jahre 14,87 Millionen Personen, die ein Ehrenamt ausübten beziehungsweise unentgeltlich für andere tätig waren. Doch nicht alle Ehrenamtlichen, darunter etwa Vorstände in gemeinnützigen Heimat- oder Tierschutzvereinen, sind automatisch in der gesetzlichen Unfallversicherung abgesichert. Das weiß nicht jeder, wie Matthias Franke erklärt: „Das Thema erscheint einem nebensächlich. Man will helfen und macht sich keine Gedanken, welche Konsequenzen es hat, wenn einem etwas passiert.“ Dass sich der Unfall beim Verteilen der Kirchenzeitung zugetragen habe, sehe er als kleines Glück, denn somit sei er über die gesetzliche Unfallversicherung, die es für Ehrenamtliche im Bereich der katholischen Kirche gibt, pflichtversichert gewesen.
Einige Vereine gehen davon aus, dass jedes Mitglied versichert werden kann. Dem ist nicht so.
Besteht kein gesetzlicher Versicherungsschutz, können bestimmte Organisationen wie Sportvereine ihre bürgerschaftlich Engagierten über eine freiwillige Versicherung bei der VBG absichern. „Es zeigt sich jedoch, dass diese Möglichkeit nach wie vor nicht allen bekannt ist“, stellt Regina Schmidt aus dem Bereich Versicherung und Leistungen der VBG fest. „Auch gehen einige Vereine und Vereinsmitglieder davon aus, dass jedes Mitglied versichert werden kann. Dem ist nicht so.“ Einrichtungen sollten daher im Rahmen ihrer Fürsorgepflicht sicherstellen, dass ihre ehrenamtlich Engagierten versichert sind – und dass die Ehrenamtlichen sich darüber informieren, ob sie im Falle eines Unfalls in der gesetzlichen Unfallversicherung abgesichert wären.
Handbike statt Handicap

Engagiert: Matthias Franke ist seit 40 Jahren im Ehrenamt tätig und bleibt seiner Linie auch nach dem Unfall treu. Er engagiert sich nach wie vor für die örtliche Kirchenarbeit. Darüber hinaus ist er bei der „Litauen-Hilfe“ und im neu gegründeten Behindertenbeirat seiner Stadt aktiv.
Foto: Privat (Matthias Franke)Wie wichtig es ist, abgesichert zu sein, weiß Matthias Franke nur zu gut. Der Unfall ereignete sich an einem Donnerstag. Nach mehreren Operationen wurde er bereits eine Woche später in die Bergmannsheil-Klinik in Bochum verlegt. Drei Monate Frührehabilitation, unzählige Therapien – und der Start in „einen neuen Lebensabschnitt“, wie Franke ganz ohne Bitterkeit sagt. Er habe ihn sofort angenommen.
Geholfen hat ihm dabei, dass er seiner Leidenschaft, dem Sport, trotz der Einschränkungen weiterhin nachgehen kann. Mit seinem Basketballrollstuhl ist Franke auf dem Spielfeld flink unterwegs, und sein Rolli mit Handbike, den er im Rahmen der Versicherungsleistungen der VBG ebenfalls bekam, ermöglicht es ihm, an Laufwettbewerben teilzunehmen. „Beim Glashauslauf wollte ich nur fünf Kilometer machen, dann habe ich aber die vollen zehn Kilometer durchgezogen. Und ich war nicht der Letzte“, erzählt Franke, der im Zuge der sozialen Teilhabe auch bei der Anschaffung eines behindertengerechten Pkw durch die VBG unterstützt wurde. „Mittlerweile arbeite ich sogar wieder in Teilzeit. Ich betrachte mich nicht als behindert.“
Wer ist versichert?
Bei der VBG sind Personen gesetzlich versichert, die ehrenamtlich tätig sind für:
- Körperschaften, Anstalten, Stiftungen des öffentlichen Rechts oder deren Verbände, öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften und deren Einrichtungen
- privatrechtliche Organisationen, wenn diese im Auftrag einer öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaft handeln
- private Bildungseinrichtungen
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