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Foto: Farina Deutschmann

Liebe Gen Z, wie geht es euch eigentlich bei uns?

New-Work-Expertin Laura Bornmann über Generationenkonflikte im Arbeitsalltag, ihre Auswirkungen – und wie Führungskräfte ihnen konstruktiv begegnen können.

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Die Klischees kennen wir alle: Junge Mitarbeitende sind weniger belastbar, haben keine Lust auf Überstunden und fordern Homeoffice – während die älteren Kolleginnen und Kollegen über ihre Arbeitsmoral stöhnen. Ein fruchtbarer Nährboden für Missverständnisse und Spannungen am Arbeitsplatz. Laut dem aktuellen DAK-Gesundheitsreport „Gen Z in der Arbeitswelt“ berichten 28 Prozent der unter 30‑Jährigen von Generationenkonflikten. Ein Viertel der Jüngeren, die Generationenkonflikte erleben, fühlt sich dadurch sogar stark oder sehr stark belastet.

Die Arbeitsmoral der jungen Leute

„Ich denke nicht, dass die Gen Z zu wenig ehrgeizig oder motiviert ist“, sagt Laura Bornmann, New-Work-Expertin und Führungskräfte-Coachin. Sie ist überzeugt: „Junge Menschen wollen arbeiten, aber anders: flexibel, ergebnisorientiert und mit Raum für eigene Stärken. Für die Gen Z zählen nicht Überstunden, sondern Resultate.“

Der DAK-Report zeigt auch, dass sich die Konflikte zwischen den Generationen auf die Arbeitszufriedenheit auswirken. Beschäftigte, die im Joballtag von Generationenkonflikten verschont bleiben, haben eine höhere Arbeitszufriedenheit. Aktuell sind nur 26 Prozent der unter 30‑Jährigen sehr zufrieden im Job – 2015 waren es noch 43 Prozent. Die größten Kritikpunkte: das Arbeitsklima, die Entwicklungsmöglichkeiten und der Gesundheitsschutz.

Die Corona-Zeit hat die junge Generation geprägt

Laura Bornmann ist HR-Expertin, Leadership-Coachin, Hochschulrätin, Beirätin, Keynote Speakerin und ehemalige Managerin. Sie kennt die Ansprüche junger Generationen an die Arbeitswelt und unterstützt beim Arbeiten im Generationen-Mix. Foto: Farina Deutschmann

Der Krankenstand jüngerer Beschäftigter lag 2024 mit 4,7 Prozent unter dem Durchschnitt aller Beschäftigter: Sie haben zwar mehr, dafür aber kürzere Krankheitsfälle. „Dass die jüngeren Beschäftigten sich anders krankmelden, zeigt, dass ein Umdenken stattgefunden hat“, so die Expertin. Seit der Pandemie geht mehr als die Hälfte der unter 30-Jährigen deutlich vorsichtiger mit Infekten um, ein Viertel lässt sich bei Erkältungssymptomen schneller krankschreiben. „Natürlich ist der Krankenstand in Deutschland sehr hoch. Hier ist es wichtig, dass wir versuchen, die Ursachen zu verstehen und bessere Rahmenbedingungen zu schaffen, damit es den Menschen besser geht. Wertschätzende Führung kann hier ein Schlüssel sein“, so Laura Bornmann. „Laut dem Report haben 62 Prozent aller Beschäftigten und 65 Prozent der Beschäftigten unter 30 Jahren in den letzten zwölf Monaten mindestens einmal krank gearbeitet. Das ist natürlich keine Lösung. Es ist wichtig, dass Unternehmen eine Kultur schaffen, in der Krankschreibungen ohne Nachteile möglich sind. Wir brauchen Führungskräfte, die sich krankmelden und regelmäßig Urlaub nehmen – und zwar ohne währenddessen E-Mails zu bearbeiten.“  

Wertschätzende Führung für ein gesundes und produktives Miteinander

Besonders alarmierend: 26 Prozent der unter 30‑Jährigen berichten über depressive Symptome in den letzten 14 Tagen. „Das Thema darf kein Tabu mehr sein“, mahnt Laura Bornmann. „Viele junge Menschen sagen heute ganz selbstverständlich: Ich gehe zur Therapie oder ins Coaching. Hier können sich die Älteren, bei denen das Thema oft schambesetzt ist, ein Beispiel nehmen.“

Für Laura Bornmann ist entscheidend, dass Unternehmen handeln: „Gute Führung, betriebliches Gesundheitsmanagement und eine Kultur der Wertschätzung – das sind die Hebel.“ Sie betont: „Wir haben viel mehr Gemeinsamkeiten zwischen den Generationen, als wir glauben. Am Ende wünschen sich alle Anerkennung, Balance und Entwicklungsmöglichkeiten. Wenn wir Brücken bauen, profitieren alle.“

10 Tipps für eine unterstützende und gesunde Arbeitskultur 

Diese Anregungen von Laura Bornmann fördern eine Arbeitsumgebung, in der auch jüngere Beschäftigte ihr volles Potenzial entfalten und gesund bleiben können – und stärken ein gesundes Miteinander zwischen den Generationen.

1. Resilienz fördern

„Unsere Welt verändert sich gerade so schnell und wir stehen so vielen Krisen gegenüber. Es ist wichtiger denn je, dass Führungskräfte ihren Beschäftigten Strategien zur Stressbewältigung an die Hand geben, etwa durch Achtsamkeitstraining.“ 

2. Entwicklung ermöglichen

„Junge Menschen sehnen sich nach Herausforderung und Wachstum. Es lohnt sich, ihnen früh Verantwortung zu übertragen und Entwicklungsmöglichkeiten zu eröffnen, damit sie ihre Potenziale entdecken können.“

3. Transparenz schaffen

„Karrierewege scheinen oft unklar. Klare und ehrliche Kommunikation über Entwicklungsperspektiven gibt Orientierung und motiviert Beschäftigte, aktiv an ihrer Zukunft zu arbeiten.“

4. Brücken bauen

„Die Zusammenarbeit zwischen den Generationen kann herausfordernd sein. Angebote und Programme, die einen regelmäßigen, offenen Dialog ermöglichen, fördern das gegenseitige Verständnis. Jung und Alt lernen voneinander, bauen Vorurteile ab und tragen gemeinsam zu einer respektvollen und positiven Arbeitskultur bei.“

5. Vorbild sein

„Führungskräfte nehmen eine Schlüsselrolle ein, wenn sie ihre eigene Verletzlichkeit zeigen und Grenzen respektieren – zum Beispiel durch wirkliche Erholung im Urlaub ohne Erreichbarkeit. Diese Haltung signalisiert den Beschäftigten, dass Selbstfürsorge erlaubt und wichtig ist.“

6. Wertschätzung zeigen

„Regelmäßige Anerkennung schafft eine starke und positive Teamdynamik. Ich habe zum Beispiel die ‚Wertschätzungsdusche’, bei der sich reihum alle im Team sagen, was sie aneinander schätzen, als sehr motivierend erlebt.”

7. Flexibilität bieten

„Die Arbeitswelt wandelt sich und mit ihr die Erwartungen. Flexible Arbeitsmodelle, wie Homeoffice, sind daher nicht nur Wunsch, sondern können entscheidend sein, um Talente zu gewinnen und zu binden.“

8. Vertrauen geben

„Eine Unternehmenskultur, die auf Vertrauen statt auf Misstrauen basiert, sorgt für mehr Motivation und Engagement. Mitarbeitende werden ermutigt, Verantwortung zu übernehmen, wenn sie spüren, dass ihnen vertraut wird.“

9. Offenheit leben

„Psychische Gesundheit sollte kein Tabu-Thema sein. Führungskräfte sollten ein offenes Umfeld schaffen, in dem Mitarbeitende frei über ihre Herausforderungen sprechen können und Unterstützung erfahren.“

10. Reverse Mentoring einführen

„Innovative Programme, bei denen jüngere Beschäftigte älteren Kolleginnen und Kollegen neue Technologien und Trends erklären und gleichzeitig von deren Erfahrung profitieren, fördern gegenseitigen Respekt und beschleunigen den Wissenstransfer.“

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