Ein klarer Start ins neue Jahr
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Ein neues Jahr, ein leeres Notizbuch und ein frischer Start: Das Bedürfnis nach einem aufgeräumten Neuanfang ist im Januar oft sehr groß. Also archivieren wir E-Mails, sortieren Ablagen und strukturieren den Kalender. Doch während der Schreibtisch bald glänzt, bleibt das Chaos im Kopf oft bestehen: Wo wollen wir hin? Was sind unsere Fähigkeiten? Und was können wir im Team dieses Jahr getrost streichen?
Den inneren Kompass neu justieren
Innere Klarheit fördert nicht nur die Produktivität, sondern schützt auch die mentale Gesundheit. Carina Stöwe, Geschäftsführerin des Verlags hinter dem Achtsamkeitsbestseller „Ein guter Plan“, weiß das aus eigener Erfahrung. „Ich habe schon in Jobs gearbeitet, die aus verschiedenen Gründen nicht zu mir, meinen Fähigkeiten und meinen Zielen passten. Einmal führte das zu einem Boreout, das andere Mal zu einem Burnout.“ Als Führungskraft eines zwölfköpfigen Teams legt sie deswegen Wert darauf, dass sich alle regelmäßig selbst hinterfragen. „Wenn Führungskräfte und Beschäftigte ihre Prioritäten – individuell und unternehmensweit – nicht kennen, entsteht unsichtbarer Stress, der krank machen kann. Fehlende Klarheit bringt auf allen Ebenen Unruhe“, erklärt die 37-Jährige. „Sind wir innerlich nicht aufgeräumt, neigen wir zu Ablenkungsprojekten. Wir beschäftigen uns mit Dingen, nur um beschäftigt zu sein, und verlieren das Ziel aus den Augen.“
Prioritäten setzen – und präventiv Stress abbauen
Carina Stöwe, die im April in ihrer neuen Rolle als Geschäftsführerin startete, betont die Verantwortung der Leitungsebene: „Eine gewisse Grundklarheit ist Sache der Leitung. Nur wenn ich meinen eigenen Standpunkt und den des Unternehmens kenne, kann ich anderen Halt geben. Aber natürlich tragen auch die Beschäftigten Verantwortung. Als Führungskraft muss ich Zeitfenster und Gelegenheiten schaffen, in denen sie die Möglichkeit haben, selbst Klarheit zu gewinnen.“
Kleine Schritte führen zur neuen Gewohnheit
Die gute Nachricht: Für mentale Gesundheit und klaren Fokus braucht es weder tagelange Workshops noch radikale Umbrüche. Kleine Impulse und die richtigen Fragen genügen. Die folgenden Tipps – von der App bis zur Reflexions-Routine – helfen dabei, innerlich aufzuräumen und diesen Zustand als nachhaltige Gewohnheit zu etablieren.

Carina Stöwe ist Geschäftsführerin von Ein guter Verlag, einem mehrfach ausgezeichneten Verlag für wissenschaftlich fundierte Bücher über Achtsamkeit. Sie arbeitet an einer Gesellschaft, in der Medien Verantwortung übernehmen, Arbeit Menschen stärkt und Resilienz zur Grundlage von Führung und Wirtschaft wird. (Foto: Philip Nürnberger)
Reflexions-Tools – machen Gedanken, Muster und Stressoren sichtbar
Ein zentrales Werkzeug ist eine regelmäßige, kurze Bestandsaufnahme des eigenen Mental Loads, ich nenne es das „Mental Load Audit“. Dabei kläre ich in zehn Minuten, wofür ich mich verantwortlich fühle, wofür ich wirklich verantwortlich bin und was ich delegieren könnte. Außerdem hilft es, sich täglich kurze Notizen zu machen, was Kraft gegeben oder Energie gekostet hat. So können Muster und Energielecks erkannt werden. Unser Kalender „Ein guter Plan“ unterstützt zudem mit Burnout-Präventions-Tools, täglichen Check-ins und monatlichen Reflexionen dabei, Klarheit im Alltag zu finden und die eigenen Bedürfnisse im Blick zu behalten. Außerdem empfehle ich die App „How we feel“, die dabei hilft, Gefühle besser einzuordnen und zu regulieren.
Planungsstrategien – schaffen klare Ziele, Struktur und Erholung
Seit meinem Burnout liegt mein Fokus auf: „Recovery first“. Um Überlastung vorzubeugen, plane ich Feierabend und Pausen fix ein und organisiere die Arbeit drumherum. Genauso halte ich mir feste Zeitfenster für Fokusarbeit oder Meetings frei – zum Beispiel durch einen meetingfreien Mittwoch oder einen Fokus-Freitag. Eine Variante eines solchen „Time-Blockings“ ist die „3/3/3“-Methode, bei der man den Arbeitstag in drei Blöcke aufteilt – ein Block für die wichtigsten, einer für kürzere und einer für administrative Aufgaben. Wird es trotzdem stressig, sorgt die „Eisenhower-Matrix meets Brain Dump“-Methode (Kopf leeren, Prioritäten klären) für sofortige mentale Entlastung. Ich schreibe mir dafür alle Aufgaben und Gedanken auf und sortiere sie in die Kategorien „wichtig“, „unwichtig“, „später“ und „delegieren“.
Mentale Gesundheits-Tools – schenken Fokus und innere Ruhe
Es gibt verschiedene digitale Angebote, beispielsweise die Plattform „nilo“, die Führungskräfte und Mitarbeitende dabei unterstützen, mentale Gesundheit zu priorisieren und die Resilienz im gesamten Team zu fördern – etwa durch Roundtables oder Coachings. Für akute Stressmomente empfehle ich, Klopfakupressur, auch Tapping genannt,auszuprobieren. Das ist eine Technik, bei der durch das Klopfen von Akupressurpunkten körperliche Stressreaktionen gedämpft werden. Um strategischen Weitblick zu bewahren, empfiehlt sich die „Think Time“ – ein wöchentlicher Slot von 60 bis 90 Minuten, bei dem es ausschließlich um strategisches Denken und Vorbereiten von Entscheidungen geht.
Werkzeuge für Führung und Teamsetting – stärken die Zusammenarbeit
Um Überlastung frühzeitig zu erkennen, können Teams Frühwarnsysteme mit objektiven Indikatoren – etwa viele verschobene Deadlines oder eine hohe Meetingdichte – vereinbaren. Klare Fokus- und Kommunikationsregeln (z. B. meetingfreie Fokusblöcke oder klare Antwortzeiten) reduzieren Stress. Und kurze Check-ins zur Workload-Transparenz machen Engpässe sichtbar und können Überlastung verhindern. Für herausfordernde Teamsituationen setze ich auf „Clean Language“, das ist eine neutrale Fragetechnik ohne Deutung oder Suggestion. Diese Technik hilft dabei, Kernprobleme und Optionen präzise sichtbar zu machen und Missverständnissen vorzubeugen. Nach intensiven Phasen nutze ich Debriefings, um gemeinsam aus den positiven wie negativen Erfahrungen zu lernen, damit es das nächste Mal für alle entspannter läuft.

Nadja Mischke ist bei der VBG für das iGMS (integrierte Gesundheit mit System) – und damit für die Gesundheit und das Wohlbefinden der Beschäftigten – verantwortlich. (Foto: Nadja Mischke)
Wie aus guten Vorsätzen echte Gewohnheiten werden
Im Arbeitsalltag ist es nicht immer einfach, am Ball zu bleiben. Nadja Mischke ist Koordinatorin für integrierte Gesundheit mit System bei der VBG. Sie weiß, warum Willenskraft allein oft nicht reicht und mit welchen Strategien nachhaltiger Erfolg gelingen kann.
Frau Mischke, warum ist es so schwer, Routinen aufzubauen?
Veränderungen brauchen Geduld und stete Wiederholung. Im Durchschnitt dauert es zwei Monate, bis sich eine neue Routine wirklich festigt. Deswegen ist es wichtig, auch kleine Fortschritte wahrzunehmen, das stärkt die Motivation.
Welche konkreten Strategien helfen dabei?
Es gibt viele verschiedene Ansätze, die sich oft sinnvoll ergänzen. Zum Beispiel helfen konkrete Wenn-dann-Pläne. Etwa: Wenn ich Mittagspause habe, gehe ich spazieren. Unterstützung ist auch wichtig – gemeinsam im Team oder mit Freunden motiviert es sich leichter. Außerdem lohnt es sich, die eigene Umgebung so zu gestalten, dass gesunde Entscheidungen leichtfallen, indem man sich zum Beispiel Obst bereitlegt. Wenn es gut läuft, sollte man sich dafür belohnen, das verstärkt das Verhalten. Und wer es langsam angehen lassen möchte, kann die 1-Prozent-Methode wählen: Dabei geht es darum, täglich nur einen kleinen Schritt in die richtige Richtung zu machen.
Und wenn es trotzdem nicht klappt?
Rückschläge gehören dazu – und bedeuten nicht, dass das Ziel unerreichbar ist. Entscheidend ist, dennoch dranzubleiben und freundlich mit sich selbst umzugehen.