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Eine Frau mit Brille und türkisfarbenem Oberteil sitzt an einem Tisch und gestikuliert beim Sprechen. Im Hintergrund sind große Fenster und eine Pflanze zu sehen. Eine weitere Person ist von hinten zu sehen.
Foto: VBG/Gunnar Geller

Das Beste beider Welten: So wird Hybridarbeit zum Erfolg

Hybride Arbeit birgt sowohl Chancen als auch Herausforderungen. Warum es so wichtig ist, sie aktiv zu gestalten – und wie ein neues VBG-Tool dabei hilft.

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Elisa Begerow ist Arbeitspsychologin bei der VBG und war an der Entwicklung eines Tools beteiligt, mit dem Teams ihre hybride Zusammenarbeit gemeinsam gestalten können. Warum es so wichtig ist, Hybridarbeit nicht „einfach laufen zu lassen“, und wie das in Kooperation mit der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) entwickelte Workshoptool „Team Agreements“ dabei helfen kann, erklärt sie im Certo-Interview.

Eine Frau mit Brille und türkisfarbenem Oberteil steht lächelnd an einer Wand. Im Hintergrund sind Holztüren zu sehen.

VBG-Arbeitspsychologin Elisa Begerow sieht in der Hybridarbeit gerade für Teamleitende neue Herausforderungen: „Führungskräfte müssen ihr Rollenverständnis anpassen und viel mehr Moderations- und Kommunikationsarbeit leisten.“

VBG/Gunnar Geller

Certo: Frau Begerow, was verstehen Sie unter hybridem Arbeiten?
Hybrides Arbeiten ist eine Kombination aus stationärer Arbeit im Büro oder im Betrieb und der Arbeit außerhalb, zum Beispiel im Homeoffice, beim Kunden oder unterwegs. Man fasst darunter aber auch unterschiedliche Vertragsverhältnisse, wie etwa Telearbeit, bis hin zu konkreten Betriebsvereinbarungen. Im Kern bedeutet es, dass man einen Teil der Arbeit im Betrieb und einen Teil woanders leistet.

Wie sehen Sie die Perspektive für hybride Modelle? Ein Trend, der bleibt?
Ich glaube nicht, dass wir komplett zum alten Modell zurückkehren. Vermutlich wird sich eine Mischform etablieren – aus aktueller Forschungsperspektive scheinen zwei bis drei Tage Homeoffice pro Woche ein guter Schnitt zu sein. Das ist jedoch immer branchen- und unternehmensabhängig. Gerade für die Fachkräftegewinnung kann es aber ein wichtiges Argument sein, hybride Modelle anzubieten. Bei Beschäftigten sind sie sehr beliebt. Die Arbeitgeberattraktivität kann daher leiden, wenn man auf flexible Lösungen verzichtet. Entscheidend ist jedoch, dass man sie aktiv gestaltet.

Warum ist das so wichtig?
Die Pandemie hat zwar gezeigt, dass es sehr wohl funktioniert, von jetzt auf gleich flexibel zu arbeiten. Diesen „Ad-hoc-Zustand“ einfach fortzuführen, ist auf Dauer aber keine gute Lösung. Dafür gibt es viele Gründe: Kommunikationsstrukturen, die vorher selbstverständlich waren, verändern sich, wenn man hybrid arbeitet. Arbeitsprozesse und Themenschwerpunkte können sich verschieben. Die Identifikation mit dem Unternehmen kann sinken, wenn man nicht mehr jeden Tag vor Ort ist. Soziale Strukturen werden weniger stark gepflegt, weil die Beschäftigten sich seltener sehen. Neue Beschäftigte in das Team zu integrieren, ist schwieriger, wenn sie den früheren Büroalltag gar nicht kennen. Man muss daher genau darauf achten, wie man den Zusammenhalt und die Integration neuer Kolleginnen und Kollegen sicherstellt. Auch das Verhältnis zur Führungskraft ändert sich. Deswegen muss man sich, wenn man das Modell der Hybridarbeit langfristig umsetzen will, alle Akteure und Strukturen im Betrieb genau anschauen.

Entscheidend ist, miteinander zu reden und alle im Team ins Boot zu holen.
Elisa Begerow

Um Unternehmen dabei zu unterstützen, hat die VBG ein neues Online-Tool entwickelt. Worum handelt es sich dabei?
„Team Agreements“ ist ein Workshoptool, mit dem Teams in etwa drei Stunden gemeinsame „Spielregeln“ für die hybride Zusammenarbeit erarbeiten können. Das Ziel ist es, Vereinbarungen zu insgesamt sechs Themenkomplexen der Hybridarbeit zu entwickeln – von persönlichen Präferenzen der einzelnen Teammitglieder über Aufgaben, Tätigkeiten und die dafür eingesetzten Tools bis hin zu Fragen des Zusammenhalts und der Gesundheit.

Das Tool richtet sich also an einzelne Teams und weniger ans Unternehmen?
Natürlich ist es optimal, wenn das Thema Hybridarbeit aktiv vom Unternehmen mitgetragen wird und nicht nur in einzelnen Teams angesiedelt ist. Wenn Geschäftsführung und Führungskräfte hinter dem Modell stehen und organisatorische Rahmenbedingungen schaffen. Der Workshop selbst richtet sich an Teams mit bis zu 14 Personen, damit er in drei Stunden praktikabel bleibt. Er ist zudem so niedrigschwellig und praxisnah konzipiert, dass man ihn mit überschaubarem Zeitaufwand und ohne externe Moderation durchführen kann.

Warum haben Sie sich bei „Team Agreements“ für das Workshop-Format entschieden?
Entscheidend ist, miteinander zu reden und alle im Team ins Boot zu holen. Wenn man versteht, warum der eine so und die andere so arbeitet, ist man eher bereit, Kompromisse einzugehen. Dieses gemeinsame Verständnis zu schaffen, ist die Kernidee von „Team Agreements“.

Wie funktioniert das Tool in der Praxis?
Jedes Teammitglied bereitet sich individuell auf die sechs Themenbereiche vor und bringt die Ergebnisse mit in den Workshop. Das Tool selbst ist eine Art digitale Präsentation mit Timer. Für jeden Themenblock gibt es Leitfragen, die diskutiert werden. Wir geben auch Beispielvereinbarungen, damit man eine Orientierung hat. Allerdings betonen wir, dass jedes Team andere Bedürfnisse hat. Das eine bevorzugt vielleicht konkrete Regeln, ein anderes eher allgemeinere Prinzipien. Die Beispiele sollten daher nicht starr übernommen werden, sondern nur Denkanstöße geben. Am Ende steht ein schriftliches Dokument mit Vereinbarungen – die sich natürlich nach einer gewissen Zeit evaluieren und bei Bedarf anpassen lassen.

Gestaltet man hybride Arbeit aktiv, lassen sich die besten Aspekte beider Welten verbinden.
Elisa Begerow

Können Sie eines der Beispiele für solche Vereinbarungen nennen?
Ein ganz einfaches wäre, dass alle im Team an einem bestimmten Tag ins Büro kommen und beispielsweise gemeinsam zu Mittag essen, um den persönlichen Austausch zu sichern. Oder dass zu Beginn von Team-Meetings alle per Ampel angeben, wie hoch ihre Arbeitsbelastung aktuell ist: rot, gelb oder grün. Solche Vereinbarungen wirken auf den ersten Blick banal, aber helfen ungemein, ein gemeinsames Verständnis dafür zu schaffen, wie wir arbeiten wollen.

Sie sprachen den Gesundheitsaspekt an: Geht es dabei vor allem um psychische Komponenten hybrider Arbeit oder auch um handfeste Dinge wie den Arbeitsplatz?
Beides kann eine Rolle spielen. Unter dem Themenkomplex „Gesundheit und Grenzen“ können sowohl physische als auch psychische Aspekte besprochen werden. Ist der Arbeitsplatz zu Hause ergonomisch? Wie sieht es aus, wenn jemand wenig Platz hat oder zu Hause gestört wird? Dann ist es vielleicht besser, ins Büro zu kommen. Auf der psychischen Seite geht es zum Beispiel um Isolation: Wer fünf Tage allein zu Hause arbeitet, läuft Gefahr, sich abzukapseln. Deshalb betonen wir, dass man gemeinsam im Team klären sollte, wie man die Zusammenarbeit gestaltet und wer wann wo arbeitet.

Kann man den Workshop auch hybrid durchführen oder sollte er unbedingt in Präsenz stattfinden?
Wir empfehlen, sich dafür einmal in Präsenz zusammenzufinden, damit ein intensiver persönlicher Austausch stattfinden kann. Wenn ein Team ausschließlich virtuell arbeitet, kann es den Workshop auch online machen, aber als Standard ist ein Präsenztreffen ideal.

Ihr abschließendes Plädoyer, warum sich Betriebe mit hybrider Arbeit intensiver auseinandersetzen sollten?
Ganz einfach: Um die Vorteile sowohl für die Beschäftigten als auch das Unternehmen zu nutzen und Fallstricke zu vermeiden. Gestaltet man hybride Arbeit gemeinsam aktiv, lassen sich die besten Aspekte beider Welten – Büro und Homeoffice – optimal verbinden.

Mit dem neuen VBG-Tool „Team Agreements“ können Teams in einem angeleiteten Workshop niedrigschwellig und mit geringem Aufwand Vereinbarungen zu folgenden Themenkomplexen der Hybridarbeit erarbeiten:

  1. Aufgaben und Tätigkeiten: Welche unserer Aufgaben erfordern Präsenz im Büro, welche sind von außerhalb möglich??
  2. Bedürfnisse und Präferenzen: Was sind unsere persönlichen Bedürfnisse oder Präferenzen für das hybride Arbeiten?
  3. Austausch und Zusammenhalt: Wie sorgen wir dafür, dass wir genug voneinander mitbekommen? 
  4. Technik und Tools: Wie gehen wir mit Technik und Tools um und wie nutzen wir digitale Kanäle möglichst clever? 
  5. Gesundheit und Grenzen: Wie gestalten wir hybrides Arbeiten gesund und nachhaltig?
  6. Büro und Raum (optional): Wie nutzen wir die Räumlichkeiten bei uns im Unternehmen (zum Beispiel Büroräume, Zonenkonzepte)?

VBG-Mitgliedsunternehmen steht das Tool kostenfrei unter www.vbg.de/team-agreements zur Verfügung.

Nicht verpassen: „Team Agreements“ wird am 12. Juni 2025 auf der WorkVision, dem Zukunftsforum für Finanzdienstleister und Wissensarbeit der VBG, in Berlin vorgestellt. Sichern Sie sich bis zum 15. Mai Ihren kostenfreien Platz und diskutieren Sie mit führenden Köpfen aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik, wie sich die Arbeitswelt von morgen aktiv, gesund und sicher gestalten lässt.

Wer mehr über das Workshoptool „Team Agreements“ erfahren möchte, kann außerdem an der kostenfreien Online-Veranstaltung am Mittwoch, den 18. Juni 2025 von 09:30 bis 11:30 Uhr teilnehmen. Hier gibt es alle Infos und den Link zur Anmeldung.

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