Warum Inklusion in Betrieben unverzichtbar ist
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Inklusion betrifft nicht nur Menschen mit Behinderungen, sondern auch Unternehmen, Kolleginnen und Kollegen sowie die gesamte Gesellschaft. Inklusion bedeutet, dass jeder Mensch, unabhängig von einer Behinderung oder Einschränkung, gleichberechtigt am (Arbeits-)Leben teilnehmen und selbst mitgestalten kann. Dies sollte selbstverständlich sein – ist es aber allzu oft nicht.
Noch immer gibt es viele Hürden, die den Zugang zum Arbeitsmarkt erschweren. Warum muss Inklusion in Betrieben gefördert werden? Welche Herausforderungen und Chancen gibt es? Und wie können Unternehmen sowie Mitarbeitende dazu beitragen, eine inklusive Arbeitswelt zu schaffen? Darum soll es in diesem Beitrag gehen.
Inklusion ist nicht nur ein ethisches Gebot, sondern auch eine wirtschaftliche Notwendigkeit. Deutschland steht vor einem zunehmenden Personal- und Fachkräftemangel, der in vielen Branchen bereits spürbar ist. Gleichzeitig gibt es eine große Zahl arbeitsfähiger und hochqualifizierter Menschen mit Behinderungen, die jedoch oft vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen werden. Unternehmen, die aktiv auf Inklusion setzen, profitieren dreifach: Sie erschließen sich einen bisher ungenutzten Talentpool, erzielen durch vielfältige Teams bessere Ergebnisse durch mehr Perspektiven und positionieren sich als sozial verantwortliche Arbeitgeber.
„Barrierefreiheit verbessert die Arbeitsbedingungen für alle Menschen.“
Verena Bentele setzt sich dafür ein, dass Inklusion zur Selbstverständlichkeit wird.
Foto: Sozialverband VdK Deutschland/Marlene GawrischEin inklusives Arbeitsumfeld fördert nicht nur Chancengleichheit, sondern stärkt auch in unterschiedlicher Hinsicht die Unternehmenskultur. Verschiedene Perspektiven führen zu mehr Kreativität, Innovation, Offenheit, Sensibilität, was Unternehmen stärkt und langfristig wettbewerbsfähiger macht. Zudem verbessert Barrierefreiheit die Arbeitsbedingungen für alle Mitarbeitenden – nicht nur für Menschen mit Behinderungen.
Trotz gesetzlicher Verpflichtungen und wirtschaftlicher Vorteile fällt es vielen Unternehmen schwer, Inklusion aktiv zu fördern. Die Gründe dafür sind vielfältig. Viele Betriebe wissen zum Beispiel nicht, welche Maßnahmen notwendig sind oder welche Fördermöglichkeiten es gibt. Zudem werden die Kosten für eine Arbeitsplatzassistenz, bauliche oder digitale Umgestaltungen oder Anpassungen zur Herstellung von Barrierefreiheit als teuer, bürokratisch und damit als zu aufwendig empfunden – dabei gibt es Förderprogramme, die Arbeitgeber entlasten können. Und nicht zuletzt haben manche Arbeitgeber Vorurteile gegenüber Menschen mit Behinderungen und befürchten beispielsweise erhöhte Fehlzeiten oder geringere Leistungsfähigkeit.
Verena Bentele ist Präsidentin des Sozialverbands VdK Deutschland. Seit 2021 ist sie zudem Vize-Präsidentin des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB). Von 2014 bis 2018 war sie Beauftragte der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen. Vor ihrer politischen Laufbahn war Verena Bentele erfolgreiche Leistungssportlerin im Langlauf und Biathlon. Unter anderem gewann die blinde Ausnahmeathletin zwölfmal Gold bei den Paralympics. Mehr zum VdK lesen Sie hier.
Unternehmen können viel tun, um ein inklusives Arbeitsumfeld zu schaffen. Zum Beispiel dies:
Sensibilisierung, Bewusstseinsbildung und Schulungen
Arbeitgeber und Führungskräfte sollten sich über Inklusion und Barrierefreiheit informieren. Schulungen für Mitarbeitende helfen, Vorurteile abzubauen und den Umgang mit Kolleginnen und Kollegen mit Behinderungen zu erleichtern.
Barrierefreie Arbeitsplätze schaffen
Dies beginnt mit ergonomischen Arbeitsplätzen, technischen Hilfsmitteln sowie baulichen und digitalen Maßnahmen zur Förderung der Barrierefreiheit. Viele Menschen mit Behinderungen benötigen nur geringe Anpassungen, um effektiv arbeiten zu können.
Fördermöglichkeiten nutzen
Der Staat unterstützt Unternehmen finanziell bei der Einstellung und Integration von Menschen mit Behinderungen. Die VBG, aber auch Integrationsämter und Arbeitsagenturen, bieten Beratung und Fördergelder für Unternehmen an.
Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) stärken
Ein BEM unterstützt, Mitarbeitende nach längerer Krankheit wieder in den Beruf einzugliedern. Stufenweise Wiedereingliederungen sollten nicht nur möglich, sondern ein fest etabliertes, freiwilliges Angebot sein.
Schwerbehindertenvertretungen einbinden
Schwerbehindertenvertretungen sind eine wertvolle Ressource für Unternehmen. Sie unterstützen bei Anträgen, beraten Arbeitgeber und setzen sich für inklusive Arbeitsbedingungen ein.
Inklusionsbeauftragte benennen
Große Unternehmen sollten eine feste Ansprechperson für Inklusion etablieren, die sich um die Belange von Menschen mit Behinderungen kümmert.
Flexible Arbeitszeit- und Arbeitsortmodelle anbieten
Homeoffice, Teilzeitlösungen oder flexible Arbeitszeiten erleichtern es Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen, im Arbeitsleben zu bleiben.
„Jeder Mensch kann überall dazu beitragen, ein inklusives Miteinander zu schaffen.“
Nicht nur Arbeitgeber, sondern auch das direkte Arbeitsumfeld – das Kollegium – spielt eine entscheidende Rolle. Unsicherheiten oder Berührungsängste können zu unbeabsichtigten Ausgrenzungen führen. Dabei kann jeder Mensch überall dazu beitragen, ein inklusiveres Miteinander zu schaffen durch:
Offene Kommunikation
Aufeinander zugehen ohne „Schranken im Kopf“. Offene Gespräche über Bedürfnisse und Arbeitsweisen helfen, Missverständnisse zu vermeiden und Vorurteile aufzubrechen.
Unterstützung anbieten
Unterstützung ist wichtig, jedoch immer auf Nachfrage, nicht als Eingriff in die Autonomie der Kollegin oder des Kollegen mit Behinderung oder Einschränkung.
Barrieren gemeinsam abbauen
Wer digitale oder physische Barrieren bemerkt, kann diese ansprechen und Lösungen vorschlagen. Oft sind es Kleinigkeiten, die den Alltag erleichtern.
Sensibilisierung durch gemeinsame Aktivitäten fördern
Inklusive Teams funktionieren besser, wenn sie nicht nur im Arbeitsalltag, sondern auch in informellen Situationen abseits des Arbeitsplatzes gut zusammenarbeiten. Wer sich aktiv mit Inklusion beschäftigt, kann dazu beitragen, Unsicherheiten und Vorurteile abzubauen.
Inklusion als gemeinsame Aufgabe – als gesetzliche und soziale Verantwortung
Unternehmen sind nicht nur moralisch, sondern auch rechtlich zur Inklusion verpflichtet. Das SGB IX und die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) schreiben vor, dass Möglichkeiten für Menschen mit Behinderungen für diskriminierungsfreies Arbeiten geschaffen werden müssen. Dazu gehören unter anderem:
Barrierefreiheit sollte nicht erst dann geschaffen werden, wenn bereits ein Mensch mit Behinderung im Unternehmen arbeitet. Vielmehr führt umfassende Barrierefreiheit dazu, dass sich Menschen mit Behinderungen bewerben und problemlos ihre Arbeit aufnehmen können – oder Arbeitnehmende ihre Arbeit fortsetzen können: 96 Prozent aller Behinderungen sind nicht angeboren, sondern entstehen durch Krankheit oder Unfälle. Das bedeutet, dass jede und jeder Beschäftigte irgendwann betroffen sein könnte. Ein inklusives Arbeitsumfeld sichert langfristig die Beschäftigungsfähigkeit aller.
„Diverse Teams sind kreativer und steigern die Innovationsfreude und -kraft.“
Neben sozialen Aspekten bringt Inklusion auch handfeste wirtschaftliche Vorteile:
Tools zur Förderung der Barrierefreiheit wie beispielsweise eine akustische Sprachaus- beziehungsweise -eingabe oder die automatisierte Erstellung eines Untertitels erreichen mehr Menschen und erschließen neue Kundengruppen und erweitern technologische Möglichkeiten. Diverse Teams sind zudem kreativer und steigern die Innovationsfreude und -kraft. Ein gutes Arbeitsklima führt darüber hinaus zu höherer Loyalität, niedriger Personalfluktuation und verringert somit Folgekosten in der Personalgewinnung. Und wie schon erwähnt: Inklusion leistet einen Beitrag, den Personal- und Fachkräftemangel zu lindern.
Inklusion ist nicht nur eine Herausforderung, sondern eine große Chance – für Unternehmen, Beschäftigte und die Gesellschaft. Sie verbessert das Arbeitsklima, fördert Vielfalt und sichert langfristig den wirtschaftlichen Erfolg. Damit sie gelingt, braucht es das Engagement von Arbeitgebern, Kolleginnen und Kollegen sowie politische Maßnahmen zur Förderung von Barrierefreiheit.
Die VBG zeigt mit ihren Maßnahmen, wie Inklusion in der Praxis funktioniert: Sie unterstützt Unternehmen und Betroffene beim Wiedereinstieg ins Berufsleben nach Unfällen oder Erkrankungen und setzt sich für eine inklusive Arbeitswelt ein. Nur wenn alle gemeinsam an einem Strang ziehen, kann Inklusion zur Selbstverständlichkeit werden.
Nehmen wir die Herausforderungen an, nutzen wir die Chancen – Inklusion bewegt jetzt und in Zukunft!
Ihre
Verena Bentele
Generation XYZ: Unter diesem Motto lädt die re:publica 2025 vom 26. bis 28. Mai nach Berlin ein. Auch die VBG ist als Partnerin für eine sichere, gesunde und barrierefreie Arbeitswelt bei Europas größter Digitalkonferenz dabei. Hier finden Sie uns:
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