Herr Block, eigentlich wollten Sie Anwalt werden. Wie kamen Sie darauf, advocado zu gründen?
Block: Schon vor und während des Jurastudiums in Greifswald baute ich kleinere Websites und entdeckte den Bereich Anwaltskommunikation für mich. Die ersten Ideen setzte ich bereits seit 2000 für die Kanzlei meines Vaters um. Ein Ideenwettbewerb an meiner Uni brachte mich dann 2013 mit meinem Mitgründer Jacob Saß zusammen, der zu dem Zeitpunkt Wirtschaftswissenschaften studierte. Wir wollten beide ein Unternehmen gründen, das ein neues Denken einleitet: Die Menschen sollen nicht mehr den nächstgelegenen Anwalt aufsuchen, sondern denjenigen, der für ihren speziellen, individuellen Fall der geeignetste ist.
Ging es dann steil bergauf, oder haben Sie Fehler gemacht?
Block: Wir haben ziemlich viel Zeit damit verloren, dass wir damals den Markt nur durch die Anwaltsbrille betrachtet haben. Daher haben wir einen wesentlichen Faktor falsch eingeschätzt – und zwar, wie sich Anwälte im Internet vermarkten und wahrgenommen werden. Unsere potenziellen Nutzer haben die Websites der Anwälte einfach gar nicht aufgesucht und konnten so auch nicht auf unser Angebot stoßen. Ich habe immer an advocado geglaubt, auch wenn wir anfangs von allen belächelt wurden. Der Schlüssel zum Erfolg war die Einsicht, dass wir das Konzept aus Nutzer- bzw. Verbrauchersicht angehen müssen. Diese Kurskorrektur war rückblickend die beste und mutigste, aber auch die schwerste Entscheidung. Seit 2017 wachsen wir jedes Jahr zwischen 300 und 400 Prozent. Mittlerweile haben wir knapp 65.000 Rechtssuchenden helfen können.
advocado digitalisiert die Suche nach geeigneter Rechtsberatung selbst. Beeinflusst Ihr Angebot auch den Arbeitsalltag von Kanzleien?
Block: Ja, und zwar positiv und nachhaltig. Die herrschende Meinung war lange, dass man die persönliche Beziehung in der Rechtsberatung nicht ins Digitale übertragen könne. Dabei werden Mobilität und Flexibilität in jeder Branche immer wichtiger. Unsere These ist: Bestehende anwaltliche Leistungen sind nicht schlecht; sie sind sogar sehr gut, was die Ausbildung und die Spezialisierung angeht. Allerdings haben die wenigsten Juristen ihre Serviceprozesse unter Kontrolle. Das nimmt advocado ihnen ab, sodass sie sich besser auf ihr eigentliches Berufsprofil konzentrieren können.
Wie sieht es mit Ihrem eigenen Büroalltag aus?
Block: Wir achten zunächst einmal sehr aufeinander im Team. Ein soziales, offenes und freundliches Miteinander und ein vertrauensvolles Verhältnis sind nach unserer Auffassung wichtige Bausteine betrieblicher Gesundheit. Dazu gehört auch, dass jeder auf eine sichere Arbeitsumgebung achtet und auf Risiken hinweist. Wir haben einen internen Sicherheitsbeauftragten und eine externe Fachkraft für Arbeitssicherheit, die uns regelmäßig hinsichtlich arbeitssicherheitsrelevanter Aspekte wie Gefährdungsbeurteilungen am Arbeitsplatz berät.
Sie residieren in einer Altbauvilla am Greifswalder Stadtrand. Welche Themen rund um Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz spielen bei Ihnen eine Rolle?
Block: Natürlich haben alle Beschäftigten bei uns die Möglichkeit, ihre Arbeitsplätze zugunsten eines gesunden Arbeitens einzurichten, etwa durch die Bereitstellung eines größeren oder zweiten Bildschirms oder eines höhenverstellbaren Schreibtisches. Ebenso wichtig ist natürlich die sicherheitsgerechte Gestaltung unserer Großraumbüros – also keine Stolperfallen, ordentliche Bewegungsfreiheiten und Grünpflanzen.
2019 wurden Sie vom Magazin brand eins als eines des innovativsten Unternehmen Deutschlands ausgezeichnet. Dabei ging es vor allem um das Angebot, das advocado den Kundinnen und Kunden macht. Wie innovativ arbeiten Sie unternehmensintern?
Block: Natürlich setzen wir auch auf agile und flexible Strukturen. Sonst wären wir überhaupt nicht in der Lage, auf sehr schnelle Markteinflüsse reagieren zu können und unsere Software gezielt weiterzuentwickeln. Wir haben ein Riesenglück mit unserem kreativen und engagierten Team. Alle Ideen der einzelnen Teammitglieder fließen in die Weiterentwicklung von advocado mit ein. Wir haben zum Beispiel schon 2016 einen neuen Alexa-Skill (Anmerkung der Redaktion: externe App für den virtuellen Sprachassistenten von Amazon) gepusht – einfach um zu zeigen, welche Möglichkeiten künftig unter anderem in der Rechtsberatung bestehen.
advocado.de ist eine Internetplattform zur Online-Abwicklung von Rechtsangelegenheiten. Ein Matching-Algorithmus sucht ortsunabhängig nach kompetenten Ansprechpartnerinnen und -partnern für ein rechtliches Anliegen. Suchende erhalten eine erste Falleinschätzung inklusive Kosten, Chancen und Risiken für das Mandat. Videoberatung, Dokumentenaustausch nach Bankenstandard und verschiedene Bezahlmöglichkeiten vervollständigen die komplett digitale Abwicklung. Das Unternehmen hat seinen Sitz in Greifswald und beschäftigt 45 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.
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