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Foto: VBG/Simon Hoffman

Best PracticeGesundheit managen

16 Standorte mit höchst unterschiedlichen Arbeitsbereichen und Schwerpunkten – kann da ein übergreifendes Betriebliches Gesundheitsmanagement funktionieren? Es kann. Susanne Kölb-Adam vom Unternehmen AFRY erzählt, wie Struktur und Bekenntnis dazu beitragen.

Hört man Susanne Kölb-Adam eine Weile zu, besteht keinerlei Zweifel daran, dass sie wie geschaffen für ihre Position ist. Beim Beratungs- und Ingenieur­dienst­leistungs­unter­nehmen AFRY ist sie BGM-Managerin, kümmert sich also um das Betriebliche Gesundheits­management (BGM). Ihre Über­zeugung für das Thema spricht aus jedem ihrer Sätze, mit denen sie ihre Funktion und Tätigkeiten erklärt. Dass sie die Stelle bei AFRY überhaupt bekleidet, hat eine nicht ganz selbst­verständliche Vor­aus­setzung: Es gibt eine solche Position im Unternehmen. „Wer das Thema Gesundheit ernst­haft angehen will, der braucht so jemanden im Haus“, resümiert Kölb-Adam, die in der Mannheimer Zentrale sitzt. In vielen Betrieben laufe das Thema Gesundheit nebenher, niemand sei konkret, aber alle ein bisschen zuständig. Entsprechend wacklig seien die Effekte, wenn überhaupt. Bei AFRY dagegen kann man auf fest verankerte Erfolge zurück­blicken, die unter anderem seit 2017 mit dem Corporate Health Award Exzellenz-Siegel und 2018 mit der VBG-Bescheinigung „Gesundheit mit System“ aus­gezeichnet wurden.

Ein Management­thema

Seit 15 Jahren bei AFRY, vormals Pöyry: Susanne Kölb-Adam.

Foto: VBG/Simon Hoffman

Vor sieben Jahren nahm das Thema BGM so richtig Fahrt auf. Damals, vor der Fusion des Konzerns mit der schwedischen Firma ÅF, hieß das Unternehmen noch Pöyry und war in Deutschland eher unbekannt. Eine Erschwernis, wenn man auf einem hart umkämpften Markt um qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter buhlen muss. „Unsere damalige Geschäfts­führerin hatte hier ein gutes Gespür. Sie ahnte, dass Gesundheit zum entscheidenden Argument bei der Arbeit­geber­wahl werden kann“, blickt Susanne Kölb-Adam zurück. Sich hier hervor­zu­heben schien ein sinnvoller Plan zu sein – auch wenn es manche im damaligen Management­team als „Frauen­idee“ abstempelten. 2015 kam die Techniker Kranken­kasse auf Pöyry zu und bot sich als Partner für die Implementierung eines BGMs an – mit Expertise und finanziellen Mitteln. „Das hat den Einstieg leichter gemacht, denn man war nicht allein“, erklärt Kölb-Adam und ergänzt: „Es bedeutet aber nicht, dass man andere für sich machen lässt.“ Ohne ein entsprechendes eigenes Engagement und Bekenntnis zur Sache funktioniere es nicht. Doch insgesamt war und ist die Partnerschaft einer der entscheidenden Erfolgs­faktoren. Wesentlich ist auch, dass das Thema für die Geschäfts­führung wichtig ist. Bei AFRYs aktuellem Geschäfts­führer ist das der Fall, er bringt das BGM aktiv voran. Dadurch ist es gelungen, Gesundheit fest in der Unter­nehmens­kultur zu verankern und zu erreichen, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter das BGM als einen Mehrwert für ihr eigenes Leben empfinden. Das alles fußt auf einem weiteren Erfolgs­faktor: einer gut durch­dachten und systematischen Vor­gehens­weise. Zusammen mit dem BGM-Steuerungs­kreis – bestehend aus Personen verschiedener Abteilungen und Schlüssel­positionen – entwickelte Susanne Kölb-Adam ein Konzept mit klaren Zielen. Es legte auch fest, wer auf dem Weg dorthin welche Rolle übernimmt und welche Bereiche wie beteiligt sind. Und weil das Gesundheits­management davon lebt, immer wieder neu heraus­zu­finden, welche Maßnahmen über­haupt gebraucht werden und was davon wie bei der Zielgruppe ankommt, sind Bedarfs­ermittlung und Evaluation feste Teile des nachhaltigen Konzepts. Diese konzeptionelle Arbeit ist natürlich erst mal sehr theoretisch – bei AFRY gelang der Transfer zur gelebten Praxis. Es zeigte sich: Planung ist das halbe BGM.

Schnitt­stelle und Steuer­frau

Susanne Kölb-Adam steuert den ganzen Prozess und ist damit eine wandelnde Schnitt­stelle zwischen Geschäfts­führung, Personal­abteilung, Betriebs­rat, Kommunikation, Arbeits­sicher­heits­beauftragtem und nicht zuletzt dem Netzwerk aus Multiplikatorinnen und Multiplikatoren. An jedem der deutschland­weit 16 Standorte von AFRY gibt es eine Person, die für die Umsetzung des BGMs vor Ort verantwortlich ist. Regelmäßige Treffen, persönlich und virtuell, sorgen dafür, dass alles auf Kurs bleibt und über­greifende Maßnahmen realisiert werden. „Zusätzlich verfügt jeder Standort über ein Budget, das je nach Bedarf vor Ort eingesetzt werden kann“, erklärt Kölb-Adam. „Die einen machen viele Firmen­läufe, die anderen möchten lieber immer frisches Obst.“ Diese Flexibilität sorgt dafür, dass die Angebote zu den Bedürfnissen passen. Damit stiegen laut der BGM-Managerin auch Wahrnehmung und Wertschätzung des ganzen Programms innerhalb der Belegschaft. Darauf ist Susanne Kölb-Adam besonders stolz, denn für ihre Zielgruppe, die zu 65 Prozent aus männlichen Ingenieuren besteht, ist Gesundheit – zumindest teilweise – nicht die oberste Priorität.

Das große Ganze

Was sind nun die einzelnen Maßnahmen, mit denen AFRY die Gesundheit seiner Beschäftigten fördert? Man könnte die jährlichen Gesundheits­tage, die Sport­angebote, die ergonomischen Arbeits­mittel und Beratungen, Vorsorge­unter­suchungen, die EAP-Hotline, Jobräder, Obst- und Teeaktionen, Rücken­programme und Gefährdungs­beurteilungen aufzählen. Dabei ist jede Maßnahme aber Teil des „großen Ganzen“, über das Susanne Kölb-Adam mit viel Leidenschaft wacht. Der über­greifende Slogan „Gemeinsam für mehr Gesundheit!“ und ein eigenes Logo helfen dabei, den Zusammenhang begreifbar zu machen. Seit 2019 ist das Thema Gesundheit Bestand­teil des Leitbilds von AFRY, auch in die Führungs­leit­linien ist es integriert. Letzteres ist für Kölb-Adam eine Chance des BGMs: „Es schafft eine Plattform für Themen, über die man vorher vielleicht nicht so richtig sprechen konnte. Gerade Führungs­kräfte können hier ihr Führungs­verhalten und ihre eigene Einstellung zu Gesundheit reflektieren.“ Denn natürlich hat auch das Führen etwas mit Gesundheit zu tun. Hier zeigt sich erneut, dass sich ein BGM-Konzept auf alle Bereiche ausdehnen muss, um wirklich ganzheitliche Effekte zu erzielen. Das ist zugegebener­maßen eine Investition, zeitlich und finanziell. Letztendlich lässt sich jedoch alles auf eine überzeugende Formel bringen, die Susanne Kölb-Adam formuliert: „Zufriedenheit und Gesundheit in Beruf und Privat­leben sind eine Grundlage für Engagement im Job.“

AFRY hat das BGM-Konzept bei der Initiative VBG_NEXT eingereicht, die Best-Practice-Beispiele sammelt und für alle zugänglich macht. Auch eine gute Idee zur Verbesserung von Arbeitssicherheit oder Gesundheitsschutz? Reichen Sie sie gerne ein!

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