
Herr Dr. Petersen, das Bundesgesundheitsministerium geht davon aus, dass im Sommer allen Bürgerinnen und Bürgern in Deutschland ein Impfangebot gegen das Coronavirus gemacht werden kann. Zunächst wird in Impfzentren, dann über die hausärztlichen Praxen geimpft. Wann könnten die Betriebsärztinnen und -ärzte ins Spiel kommen?
Die laufenden COVID-19-Impfungen im Rahmen der Nationalen Impfstrategie bedeuten für alle im Gesundheitswesen beteiligten Institutionen eine enorme Herausforderung, die nur mit vereinten Kräften zu meistern ist. Koordination, Abstimmung und Arbeitsteilung sind da sehr wichtig. Ich gehe davon aus, dass Impfungen in Unternehmen angeboten werden können, sobald die priorisierten Personengruppen – die über die Rechtsverordnung des Bundesministeriums für Gesundheit unter Berücksichtigung der Impfempfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut festgelegt wurden – weitgehend geimpft sind. Sowohl die Deutsche Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin (DGAUM) als auch der Verband Deutscher Betriebs- und Werksärzte (VDBW) haben ihre Unterstützung bei der Umsetzung der Impfstrategie angeboten.

Dr. Jens Petersen hält Impfungen im Betrieb für ein probates Mittel zur Pandemievorsorge.
Foto: VBG/Oliver HardtWelche Vorteile sehen Sie, wenn Unternehmen ihren Beschäftigten – ähnlich wie bei der Grippeschutzimpfung – dann eine Schutzimpfung über eine Betriebsärztin oder einen Betriebsarzt anbieten?
Impfen ist bereits jetzt ein wesentlicher Bestandteil des Arbeitsschutzes in Unternehmen. Betriebsärztinnen und -ärzte verfügen in ihren Einsatzbereichen über große Expertise und eine breite Erfahrung mit dem Thema Impfen, etwa durch die Influenza-Schutzimpfung, aber auch durch vorgeschriebene Impfangebote gegen Hepatitis A oder B sowie durch weitere Impfungen im Gesundheitsdienst. Schon jetzt impfen Betriebsärztinnen und -ärzte im Gesundheitswesen gegen das Coronavirus. Gesundheits- und Krankenpflegende gehen nicht ins Impfzentrum, sondern werden in den Kliniken nach bestimmten Prioritäten geimpft. Hinzu kommt, dass das betriebliche Setting auch organisatorisch ideal ist: Die Organisation kann nah am Unternehmen erfolgen und macht die Impfung für die Beschäftigten leicht erreichbar. Kurze Wege, ein begrenzter Zeitaufwand und eine gebündelte Dokumentation sorgen für eine einfach zugängliche und reibungslose Umsetzung.
Die am 15. Dezember 2020 in Kraft getretene Coronavirus-Impfverordnung sieht keine Impfpflicht vor. Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber können ihre Mitarbeitenden also nicht zu einer Impfung verpflichten. Warum ist sie dennoch in der Arbeitswelt wichtig?
Die Impfung ist ein wichtiger Bestandteil in der Strategie zur Eindämmung und Bekämpfung des Coronavirus. Wenn man sich die Infektionszahlen und -wege genauer anschaut, scheint die Arbeitswelt kein zentraler Punkt der Virusverbreitung zu sein. Dennoch gibt es über die Alltagssituationen hinaus viele Möglichkeiten zur Ansteckung. Jeder Kundenkontakt beispielsweise kann ein Risiko mit sich bringen. Für Unternehmen heißt es: Geimpfte Beschäftigte erkranken natürlich weniger häufig an COVID-19 und sind deshalb auch für den Unternehmenserfolg wichtig. Mir ist in diesem Zusammenhang allerdings sehr wichtig, zu betonen, dass die Maßnahmen der Arbeitsschutzregel und aktuell der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung, zum Beispiel das Tragen von Mund-Nasen-Bedeckungen und die Einhaltung von Abständen, auch mit mehr geimpften Beschäftigten nicht an Bedeutung verlieren. Die Übertragungsmöglichkeiten bestehen ja nach wie vor, und sicherlich wird es immer auch noch nicht geimpfte Beschäftigte in der Arbeitswelt geben. Beides geht Hand in Hand.
Was können Unternehmen jetzt schon tun, um sich auf mögliche bevorstehende Impfungen vorzubereiten?
Uns erreichen schon jetzt viele Anfragen von Unternehmen, die ihren Beschäftigten eine Impfung ermöglichen möchten. Auf jeden Fall sollten Sie ein solches Vorhaben bereits jetzt in Ihre Planungen für dieses Jahr mit aufnehmen. Es bietet sich an, frühzeitig mit Betriebsärztinnen und -ärzten sowie anderen beteiligten Stellen im Unternehmen, etwa der Personalabteilung, ein Impfkonzept zu entwickeln, sodass die Umsetzung erfolgen kann, sobald der Impfstoff verfügbar ist. Was die unternehmensbezogenen Fragen angeht, wird sich sicherlich noch einiges konkretisieren. Wir halten unsere Mitglieder auf jeden Fall auf dem Laufenden.
Welche Aufgaben und Pflichten die Betriebsärztin bzw. der Betriebsarzt in einem Unternehmen hat, ist in der DGUV-Vorschrift 2 „Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit“ festgelegt. Dennoch ergeben sich in der Beratung der VBG immer wieder Fragen. Einige sind in diesen FAQs aufgeführt.
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