
Grundsätzlich gilt für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber die Einhaltung des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG) – unabhängig davon, wo ihre Beschäftigten arbeiten. Es verpflichtet Erstere also, Maßnahmen zur Verbesserung von Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit umzusetzen. Instrumente wie die Gefährdungsbeurteilung oder ein proaktives Gesundheitsmanagement gelten demnach auch für Tätigkeiten, die außerhalb der Büroräume ausgeführt werden. Das übergeordnete Ziel ist, auch im Homeoffice Arbeitsbedingungen zu schaffen, die gesundes Arbeiten ohne Gefährdungen für Körper und Psyche ermöglichen. Chefinnen und Chefs müssen sich also Gedanken darüber machen, wie das in jedem Zuhause möglich sein kann.
Rechtliche Definition
„Die Schwierigkeit ist jedoch, dass der Arbeitgeber die privaten Räumlichkeiten der Beschäftigten nicht kennt“, sagt Andreas Stephan, Leiter Sachgebiet Büro bei der VBG. Während vor Ort im Unternehmen die Einrichtung und Ausstattung hinsichtlich der Kriterien aus Gefährdungsbeurteilungen durch den Betrieb erfolgen, hat jede Wohnung oder jedes Haus eine andere Ausgangslage. Im Unterschied zu einem Telearbeitsplatz, also einem fest installierten Arbeitsplatz im Zuhause des Beschäftigten, an dem auch eine Gefährdungsbeurteilung stattfand, ist das Homeoffice auch rechtlich anders definiert. Für den Telearbeitsplatz gilt die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV). Das Homeoffice unterliegt anderen rechtlichen Grundlagen. In der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel wird das Homeoffice als eine Form des mobilen Arbeitens definiert. Beim mobilen Arbeiten üben die Beschäftigten ihre Tätigkeit an einem beliebigen anderen Ort aus: bei der Kundin oder dem Kunden, im Zug oder zu Hause.
Für das mobile Arbeiten gilt die Arbeitsstättenverordnung nicht. Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sind also nicht dazu verpflichtet, einen kompletten Arbeitsplatz in Haus oder Wohnung der Beschäftigten einzurichten. Trotzdem müssen sie sich mit der Ausstattung im Homeoffice befassen – siehe Arbeitsschutzgesetz.
Ins Gespräch kommen
In dieser Gemengelage ist es essenziell, dass der Austausch funktioniert: „Die Arbeitgeber sind hier auf die Mithilfe ihrer Beschäftigten angewiesen“, erläutert Andreas Stephan. Konkret bedeutet das: Man muss über die Einrichtung und Ausstattung miteinander ins Gespräch kommen. Nur so lassen sich Probleme und Gefährdungen präventiv beheben. Wenn die Chefin nicht weiß, dass Frau Müller notgedrungen und mit Rückenschmerzen seit Wochen an einem Couchtisch arbeitet, kann sie auch nicht reagieren. „Als Führungskraft sollte man hier sowohl Infos ausgeben als auch einholen“, rät Andreas Stephan. Neben Unterweisungen ist die persönliche Ansprache wichtig. Häufig ließe sich so eine individuelle Lösung finden – sei es zum Beispiel ein Besprechungstisch, der gerade nicht gebraucht wird und Frau Müller gebracht werden kann, oder die Montage eines an der Wand angebrachten Stehpults zum Hochklappen. Auch der eigenständige Kauf von Mobiliar durch die Beschäftigten ist generell möglich. Jedoch sollten hierbei Kostenübernahme und ergonomische Anforderungen an Stühle und Tische vorab klar durch das Unternehmen kommuniziert werden.
Ergonomie entscheidet
Bei der Bildschirmarbeit, jenen Berufen also, um die es beim Homeoffice geht, ist die Ergonomie nämlich das zentrale Thema. Hinter den vermeintlich unkomplizierten Arbeitsbedingungen verstecken sich einige potenzielle Gefahren. Natürlich geht es in Ordnung, bei der Arbeit im eigenen Zuhause gelegentlich auch mal auf dem Sessel zu lümmeln. Doch wer über einen längeren Zeitraum täglich gekrümmt sitzt, keine Möglichkeit hat, die Beine unter dem Tisch auszustrecken, oder ein viel zu kleines Pult nutzt, der wird dies irgendwann merken. Verspannungen, Rückenschmerzen und Probleme mit dem Nacken können mögliche Erstfolgen sein, die sich manifestieren und zu chronischen Problemen im Bewegungsapparat führen können.
Unverletzbarkeit der Wohnung
Und was passiert, wenn sich Angestellte gegen das zur Verfügung gestellte Mobiliar der Firma sträuben, etwa weil es zu viel Platz wegnimmt? „Die Unverletzbarkeit der Wohnung gilt natürlich. Man kann niemanden zu etwas zwingen“, räumt Andreas Stephan ein. „Bloß gibt es bislang keinen Rechtsanspruch darauf, zu Hause zu arbeiten. Wer eine solche Maßnahme für den Gesundheitsschutz verweigert, dem kann der Arbeitgeber die Tätigkeit daheim theoretisch untersagen.“ Im Rahmen der Pandemie, die die Sachlage sehr plötzlich geändert hat, weshalb mit einem Schlag fast alle dauerhaft daheim arbeiten, empfiehlt er neben dem intensiven individuellen Dialog auch das Instrument einer Betriebsvereinbarung zum Homeoffice. Gerade weil die Rechtslage noch offen ist, besteht hierbei derzeit viel Gestaltungsspielraum. Der Vorteil ist, dass die Beschäftigten mit in die Entwicklung einer Vereinbarung einbezogen werden können. Und damit kann man nie etwas falsch machen.
Haben Sie zu diesem Thema eine Frage? Schauen Sie doch einmal bei der Website der VBG zum Thema Homeoffice vorbei.
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