
Aktuell sieht es in vielen deutschen Haushalten anders aus als sonst. Das Esszimmer gleicht einem Arbeits- und Kreativraum: Verlängerungskabel verbinden Steckdose, Laptop und Monitor und schlängeln sich über mehrere Meter durch den Raum. Schulmaterialien und Bastelutensilien stehen dort, wo üblicherweise gemeinsam gegessen wird – und überhaupt geht es bisweilen hektischer und ungeordneter zu. Das veränderte Zusammenleben zwischen Eltern, die im Homeoffice arbeiten, und Kindern, die ebenfalls den Großteil ihrer Zeit zu Hause verbringen und sinnvoll betreut werden wollen, ist nicht nur herausfordernd, sondern birgt auch die Gefahr, dass Unfälle durch Unaufmerksamkeit passieren.
Die Kinder bleiben unfallversichert!
Die wichtigste Nachricht vorweg: Ereignen sich Unfälle im Rahmen einer privat organisierten Kinderbetreuung, ist die gesetzliche Krankenversicherung zuständig. Kita- und Schulkinder, die in der aktuellen Corona-Krise in einer Notbetreuung in Kitas oder Schulen betreut werden, weil ihre Eltern in Bereichen der kritischen Infrastruktur beschäftigt sind, stehen hingegen weiterhin unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Darauf weisen die Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand hin.
Versichert sind die Sprösslinge also in jedem Fall, so wie die zu Hause arbeitenden Eltern auch (siehe FAQ Corona auf der VBG-Homepage) – aber sind sie auch sicher? Das Verlängerungskabel wird in einem unachtsamen Moment schnell zur Stolperfalle, und kündigt sich der nächste Videocall mit Kolleginnen und Kollegen an, bleibt die Tasse mit kochend heißem Teewasser schnell mal in greifbarer Nähe für Kleinkinder am Tischrand stehen. Vermeidbare Situationen, die schnell gefährlich werden können und denen man im gegenwärtigen Alltag zu Hause mit guter Organisation begegnen kann. Denn: „Das Herausfordernde wird die Aufmerksamkeit sein. Wenn der Kopf noch in den Aufgaben des Jobs hängt, muss man sich um das Kind kümmern. Das kann zu Unachtsamkeiten und damit zu Unfallgefahren führen“, warnt Christoph Stein, Leiter des Referats Arbeitssicherheit bei der VBG.
Hilfreich: Die Aktion „Das sichere Haus“ des Deutschen Kuratoriums für Sicherheit in Heim und Freizeit e.V. (DSH) bietet Broschüren und weiteres Infomaterial für mehr Sicherheit zu Hause und in der Freizeit an. Ein kleiner Auszug an Tipps für die Unfallvermeidung im Homeoffice:
- Herumliegendes Spielzeug wird schnell zur Stolperfalle. Halten Sie Ihre Kinder dazu an, möglichst nur im eigenen Zimmer zu spielen.
- Beenden Sie Ihre Arbeit im Homeoffice, wenn Sie kochen wollen und kleine Kinder im Haushalt leben. Heiße Speisen, die unbeaufsichtigt auf dem Herd stehen, sind eine ernst zu nehmende Gefahrenquelle.
- Legen Sie genügend Pausen mit Dehn- und Streckübungen ein. Improvisierte Homeoffice-Plätze sind oft ergonomisch nicht optimal. Das führt schnell zu Schulter- und Nackenschmerzen.
Auf sich achtgeben
Neben dem stärkeren Fokus auf die Sicherheit der Kinder kommt es also auch darauf an, auf sich selbst zu achten. „Die Aufteilung der Räume auf die Familienangehörigen, die alle zu Hause sind, führt zu unergonomischen Situationen, die Belastung und schnelle Ermüdung fördern“, so Arbeitssicherheitsexperte Christoph Stein. Daher sei es wichtig, auf einen vernünftigen Stuhl zu achten, auf dem man auch einige Stunden sitzen kann. „Das ist ganz sicher nicht der Sessel oder die Couch im Wohnzimmer“, so Stein. Genauso wichtig sei eine gute Beleuchtung, die den Arbeitsplatz hell ausleuchtet, aber nicht blendet.
Tipp: Störungen und Unterbrechungen vermeiden
Wichtig für Eltern ist überdies, die Arbeit im Homeoffice so zu organisieren, dass Arbeits- und Betreuungszeiten sowie die eigene Freizeit möglichst nicht kollidieren. Das verringert die Unfallgefahr, die nicht selten durch Stress verursacht wird, zusätzlich. VBG-Arbeitspsychologin Dr. Susanne Roscher rät: „Versuchen Sie, Störungen und Unterbrechungen während der Arbeit möglichst zu vermeiden. Je störungsfreier Sie arbeiten können, umso weniger Arbeitsunterbrechungen belasten Sie, die auf längere Sicht zu negativer Beanspruchung führen.“ Die Expertin empfiehlt weiter: „Ist es nicht möglich, durchgängig störungsfrei zu arbeiten, blocken Sie sich hierfür zumindest drei Timeslots, in denen Sie Störungen und Unterbrechungen bewusst verhindern.“ Auch sei es gut, mit Familienangehörigen zu besprechen, wann die Arbeitszeiten im Homeoffice sind. „Hier ist Geduld gefragt! Geben Sie nicht zu schnell auf und probieren Sie auch verschiedene Modelle aus. Ein Familienrat zum Beispiel hat sich auch in solchen Fragen schon oft bewährt“, weiß die Expertin, die hier weitere Tipps für die sichere Arbeit im Homeoffice zusammengefasst hat.
Multitasking? Jetzt besser nicht
Gemeinhin wird Multitasking als besondere Fähigkeit gelobt. Fakt ist aber, dass es in Zeiten besonderer Herausforderungen nicht nur anstrengend, sondern darüber hinaus auch ungesund ist, mehrere Dinge gleichzeitig zu tun. Ablenkungen wie Aufgaben im Haushalt auf das Arbeitsende zu verschieben, ist daher ein kluger Schachzug. Apropos: Hier kommen die Kinder wieder ins Spiel, sind sie doch vor allem eine willkommene Ablenkung von der stressigen Arbeit. Auch hier hat „Das sichere Haus“ in seinen Broschüren tolle Tipps in petto – etwa kreative Spielideen für drinnen.
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