

Gemeinsam: Erfolg gelingt durch Teamwork.
Foto: VBG/Mika VolkmannFrau Karsch, immer mehr Beschäftigte kehren zurück in die Büros, wie erleben Sie die neue Normalität, welche Veränderung beobachten Sie?
Es ist noch keine Rückkehr zur Normalität, es sind ja erst 20 oder 30 Prozent der Beschäftigten wieder im Haus. Aber ich beobachte eine neue Lässigkeit. „The ‚new normal is less formal‘, habe ich kürzlich zu Kollegen gesagt, und damit meine ich nicht nur die Kleidung. Wenn man sich auf den Fluren begegnet, fragt man plötzlich viel persönlichere Dinge. Wir haben in der Zeit des Lockdowns viel übereinander erfahren, wir haben den Hund kennengelernt, das Kind, die Katze oder den Garten. Das hat zwischenmenschlich etwas verändert.
Was ist Ihre wichtigste Lehre aus der Zeit des Lockdowns?
Ich glaube, wir haben uns alle ein Stück verändert und unsere digitalen Skills erweitert. Gewachsen ist sicherlich das Vertrauen der Führungskräfte und auch des Vorstands darauf, dass selbstbestimmtes Arbeiten funktioniert, wenn wir nah genug an den Beschäftigten bleiben.
Wie gelingt Führungskräften das, wenn Meetings mehrheitlich virtuell stattfinden?
Wir sollten im regelmäßigen Austausch bleiben, wirklich zuhören. Meinen Kindern sage ich immer: Wir sind mit zwei Ohren und einem Mund auf die Welt gekommen. Das bedeutet: Wir sollten doppelt so viel zuhören wie sprechen. Das gilt für Eltern, aber genauso für Führungskräfte. Und wir brauchen für flexibles Arbeiten eine stabile Infrastruktur. Eine gute Internetverbindung und Systeme, die keine Schwierigkeiten machen und funktionieren. Und dann braucht es natürlich eine gute Unternehmenskultur.
Es ist in Zukunft für viele Unternehmen sehr entscheidend, in der digitalen Ansprache kreativ zu werden.
Wie sieht die bei Vodafone aus?
Darüber haben wir uns in der Zeit des Lockdowns besonders viele Gedanken gemacht. Was ist eigentlich Kultur? Wie kann sie aussehen, wenn sie nicht mehr allein über Gebäude, Büros oder Rituale im direkten Arbeitsumfeld vermittelt wird. In Zukunft wird es immer wichtiger werden, welche Themen kommuniziert werden und welche Kanäle sich dafür gut eignen. Es ist in Zukunft für viele Unternehmen sehr entscheidend, in der digitalen Ansprache kreativ zu werden. Ein Beispiel dafür: Unsere 16.000 Mitarbeiter in Deutschland bringen wir jeden Montag durch virtuelle Town Hall Meetings zusammen. Diese Ansprachen sind inzwischen ein fester Bestandteil unserer Kommunikation.
Wir haben ja gerade im IT-Bereich hohen Fachkräftemangel. Die neue Flexibilität erlaubt Personalern ja auch, Fachkräfte aus aller Welt zu rekrutieren. Nutzen Sie das?
Ich sehe da ganz klar eine Chance für Deutschland. Die Frage ist aber, wie gestalten wir das mit den Regelwerken, die wir haben. Wie handhaben wir es mit der Sozialversicherung oder den Steuern. Jeder Bewerber hat ja einen steuerlichen Dienstort. Wir sind hier mit Gesetzgebern im Austausch, damit diese Dinge rechtlich klar sind. Was wir inzwischen bei Vodafone durchgesetzt haben, ist, dass Beschäftigte 20 Tage aus dem europäischen Ausland arbeiten dürfen.
Welche Hard- und Softskills brauchen Beschäftigte in Zukunft mit dieser gewachsenen Flexibilität?
Ich spreche, ehrlich gesagt, lieber von Zukunftsskills. Soziale Fähigkeiten werden immer wichtiger, das sehen wir auch bei der agilen Führung. Selbst in der IT braucht es kommunikative Kompetenz, denn hier müssen Beschäftigte viel zuhören, verstehen und erklären. Fachwissen lässt sich dazubuchen oder dazulernen. Immer wichtiger werden aber Fragen der Persönlichkeit: Wie arbeitest du unter Druck, wie leitest und motivierst du dein Team, wie flexibel kannst du dich parallel auch in verschiedene Themen einarbeiten. Da muss sich jeder ein bisschen wandeln.

Großzügig: Am Standort Düsseldorf setzt Vodafone auf eine Atmosphäre des Co-Workings.
Foto: VBG/Mika VolkmannWie fördern Sie Ihre Beschäftigten, sich dorthin zu entwickeln?
Teil der Vodafone Kultur ist lebenslanges Lernen. Hier bieten wir natürlich viele Angebote, ein Weiterbildungs-Budget ist dafür essenziell. Beschäftigte sollten die Angebote nutzen und auch etwas zurückgeben. Es ist eine Hol- und Bringschuld, ein Geben und ein Nehmen.
Wie können Führungskräfte die Eigenmotivation und Selbstverantwortung fördern?
Es ist heute ein anderes Führungsverhalten gefragt. Wir haben in unseren Fortbildungen einmal die typische Führungskraft von gestern und von heute skizziert. Früher war die Führungskraft der Held, der über alles Bescheid wusste und bestimmt. Man war die Chefin oder der Chef, weil man alles besser wusste. Das funktioniert heute nicht mehr, auch weil Themen immer komplexer werden. Heute unterstützt die Führungskraft die Teams. Sie hört zu, coacht, unterstützt und berät. Erfolg ist heute eine Teamleistung, zu dem die Führungskraft jeden Einzelnen stimuliert und motiviert hat.
Ändern sich Führungsstile eigentlich auch, weil mehr Frauen in leitende Positionen kommen – oder ist das ein Klischee?
Wir sind noch mit traditionellen Rollen aufgewachsen. Also wenn wir sagen, Teil der Erziehung von Frauen ist, offener, kommunikativer, empathischer und schneller im Multitasking zu sein, dann ist da etwas dran. Ich beobachte, dass Frauen, die eher traditionell erzogen wurden, anders führen und durch traditionell weibliche Kompetenzen wie Empathie und ihre Gabe zur Kommunikation ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter besser abholen. Ihre Vorstellung von Hierarchie ist partizipativer – und das kommt verdammt gut an. Ich denke aber auch, dass sich das in den nächsten zehn oder 20 Jahren ändern wird, weil die traditionelle Rollenverteilung sich ändert. Dann werden wir mehr auf kognitive Diversität gehen, also davon ausgehen, dass jede Persönlichkeit etwas anderes mitbringt.
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