
Berufe ändern sich stark – manche Arbeitsplätze gehen verloren, während neue an anderer Stelle entstehen. Dass diese neuen Jobs bei uns in Deutschland entstehen, ist aber nicht ausgemacht. Rahmenbedingungen wie Flexibilität am Arbeitsmarkt, Freiräume für Unternehmen sowie das Qualifikationsniveau der Beschäftigten spielen eine ganz wesentliche Rolle. Bildung und Weiterbildung werden in einer digitalisierten Arbeitswelt an Bedeutung gewinnen.

Dr. Rainer Dulger ist Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), die in der VBG-Selbstverwaltung vertreten ist. Seit 1998 ist er geschäftsführender Gesellschafter des Familienunternehmens ProMinent GmbH.
Foto: BDA/Michael HübnerDer Wandel wartet nicht darauf, bis wir uns angepasst haben. Im Gegenteil: Entwicklungen frühzeitig zu erkennen und Weichen richtig zu stellen sind Aufgaben für uns alle. Schaffen wir das nicht, bringen wir Wachstum, Wohlstand und Beschäftigung in Gefahr. Das muss allen klar sein.
Modernisierungsschub durch zeitgemäßen Rechtsrahmen sichern
Wenn wir unsere Arbeitswelt erfolgreich und am Puls der Zeit gestalten wollen, brauchen die Unternehmen moderne und flexible arbeitsrechtliche Bedingungen. Leider ist das geltende Arbeitsrecht im Wesentlichen noch auf den klassischen Industriearbeitsplatz aus dem vorigen Jahrhundert ausgerichtet. Das führt dazu, dass starre Regelungen Innovationen und neue Geschäftsmodelle blockieren. Auch gehen die Regelungen an der Lebensrealität vieler Beschäftigter vorbei.
Durch die Corona-Pandemie hat unsere Arbeitswelt zweifellos einen kräftigen Modernisierungsschub erhalten. Viele Dinge, die vorher sehr kompliziert schienen, wurden einfach umgesetzt – ganz pragmatisch und flexibel, zum Beispiel die digitale Betriebsratsarbeit oder flexiblere Arbeitszeitlösungen in bestimmten Branchen. Insgesamt ist die deutsche Wirtschaft digitaler geworden.
Die Arbeitswelt ist heute eine andere als vor der Pandemie. Es ist richtig, uns allen wurde in den letzten Monaten viel Flexibilität abverlangt. Aber gleichzeitig haben wir deutlich gesehen, dass Unternehmen wie Beschäftigte die neu gewonnene Flexibilität mit Blick auf Arbeitszeit und Arbeitsort begrüßen. Wenn wir nicht in alte Muster zurückfallen wollen, brauchen wir einen zeitgemäßen Rechtsrahmen. Dieser fehlt nach wie vor. Konkret heißt das: Die Politik muss jetzt endlich mehr Flexibilität zum Beispiel im Arbeitszeitrecht ermöglichen. Flexibilität und Freiräume für Innovationen schaffen statt weitere Regulierungen beschließen – das muss die Devise sein.
Der Wandel wartet nicht darauf, bis wir uns angepasst haben. Im Gegenteil: Entwicklungen frühzeitig zu erkennen und Weichen richtig zu stellen sind Aufgaben für uns alle. Schaffen wir das nicht, bringen wir Wachstum, Wohlstand und Beschäftigung in Gefahr.
Verantwortungsvolle Sozialpartnerschaft nicht einschränken
Letztlich sind es die Sozialpartner, die am besten wissen, welche Spielräume für Beschäftigte und Unternehmen in Zukunft notwendig sind. Es gilt die digitale Arbeitswelt in der jeweiligen Branche und in den betroffenen Betrieben zu gestalten – verantwortungsvoll und zum Wohle aller. Gesetzgeberische Initiativen helfen da nicht wirklich weiter.
Unsere Unternehmen haben enorme Summen in die Modernisierung ihrer Geschäftsmodelle und die Digitalisierung ihrer Infrastrukturen investiert. Das sind gute Voraussetzungen für den Neustart nach der Krise. Für nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit braucht es allerdings mehr: Flexibilität ist die wichtigste Grundlage für Resilienz. Und das ist vor allem eine politische Angelegenheit. Wir brauchen flexible Rahmenbedingungen, damit Unternehmen und Beschäftigte erfolgreich in die Zukunft blicken können.
Homeoffice ja, Rechtsanspruch nein
Die Arbeitgeber haben in den vergangenen Monaten eigenverantwortlich, freiwillig und sehr zuverlässig in allen Branchen Homeoffice ermöglicht. Lücken in der technischen Ausstattung, zum Beispiel fehlende mobile Endgeräte oder unzureichende Zugänge zu betrieblichen Daten- und Kommunikationsnetzwerken, konnten vielerorts bereits in der ersten Phase der Pandemie geschlossen werden. Wir Arbeitgeber haben beim Homeoffice geliefert, und das werden wir auch weiterhin tun – da, wo es interne wie externe Betriebsprozesse zulassen.
Ein Rechtsanspruch auf Homeoffice geht allerdings an der Realität in den Unternehmen vorbei. Denn ein großer Teil der Beschäftigten arbeitet in Bereichen und Branchen, in denen mobile Arbeit nicht umsetzbar ist. Das gilt für das Krankenhaus genauso wie für die Autowerkstatt. Hier sind der Flexibilität mit Blick auf mobiles Arbeiten Grenzen gesetzt. Bürokratie hilft uns nicht weiter, stattdessen brauchen wir Absprachen vor Ort in den Betrieben und Flexibilität.
Bürokratieabbau und Flexibilität wirken wie ein Konjunkturpaket
Unser Erfolg als Wirtschaftsstandort hängt entscheidend davon ab, ob wir Unternehmen jetzt entlasten und wieder atmen lassen. Jede zusätzliche Belastung durch kleinteilige Regulierung ist da kontraproduktiv. Klar ist aber auch: Wie weit flexibles Handeln in Unternehmen gestaltet werden kann, lässt sich pauschal nicht beantworten. Jedes Unternehmen, jede Branche muss darauf eine eigene Antwort finden. Die Unternehmen und ihre Beschäftigten sind dafür im Rahmen der Sozialpartnerschaft aber gut gerüstet.

In Kooperation mit führenden Partnern der Sozialpolitik, BDA, ver.di, AGV Banken, AGV Versicherungen, hat die VBG die Initiative „Mitdenken 4.0 – Neue Präventionsansätze für Arbeitsprozesse in der Büro- und Wissensarbeit“ ins Leben gerufen. Gemeinsames Ziel ist es, auf Basis aktueller Forschungsergebnisse Handlungshilfen für die betriebliche Praxis bereitzustellen.
Mehr Infos: www.mitdenken4null.de
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