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Dr. Rainer Dulger
Foto: BDA/Marius Schwarz

GastbeitragMit Flexibilität, Freiräumen und Bildung den Wandel gestalten

Wirtschaft und Arbeitswelt befinden sich in einem tief greifenden Wandel. Die digitale Transformation, die demografische Entwicklung und der verschärfte internationale Wettbewerb sind Megatrends, die nach Antworten verlangen. Arbeitgeberpräsident Dr. Rainer Dulger erläutert im Gastbeitrag, wie wir mit Flexibilität, Freiraum und Bildung den Wandel aktiv gestalten können.

Berufe ändern sich stark – manche Arbeitsplätze gehen verloren, während neue an anderer Stelle entstehen. Dass diese neuen Jobs bei uns in Deutschland entstehen, ist aber nicht ausgemacht. Rahmen­bedingungen wie Flexibilität am Arbeits­markt, Frei­räume für Unternehmen sowie das Qualifikations­niveau der Beschäftigten spielen eine ganz wesentliche Rolle. Bildung und Weiter­bildung werden in einer digitalisierten Arbeits­welt an Bedeutung gewinnen. 

Dr. Rainer Dulger

Dr. Rainer Dulger ist Präsident der Bundes­vereinigung der Deutschen Arbeit­geber­verbände (BDA), die in der VBG-Selbst­verwaltung vertreten ist. Seit 1998 ist er geschäfts­führender Gesellschafter des Familien­unternehmens ProMinent GmbH.

Foto: BDA/Michael Hübner

Der Wandel wartet nicht darauf, bis wir uns angepasst haben. Im Gegenteil: Entwicklungen früh­zeitig zu erkennen und Weichen richtig zu stellen sind Aufgaben für uns alle. Schaffen wir das nicht, bringen wir Wachstum, Wohlstand und Beschäftigung in Gefahr. Das muss allen klar sein. 

Modernisierungsschub durch zeitgemäßen Rechtsrahmen sichern 

Wenn wir unsere Arbeitswelt erfolgreich und am Puls der Zeit gestalten wollen, brauchen die Unternehmen moderne und flexible arbeits­rechtliche Bedingungen. Leider ist das geltende Arbeits­recht im Wesentlichen noch auf den klassischen Industrie­arbeits­platz aus dem vorigen Jahr­hundert ausgerichtet. Das führt dazu, dass starre Regelungen Innovationen und neue Geschäfts­modelle blockieren. Auch gehen die Regelungen an der Lebens­realität vieler Beschäftigter vorbei. 

Durch die Corona-Pandemie hat unsere Arbeits­welt zweifellos einen kräftigen Modernisierungs­schub erhalten. Viele Dinge, die vorher sehr kompliziert schienen, wurden einfach umgesetzt – ganz pragmatisch und flexibel, zum Beispiel die digitale Betriebs­rats­arbeit oder flexiblere Arbeits­zeit­lösungen in bestimmten Branchen. Insgesamt ist die deutsche Wirtschaft digitaler geworden. 

Die Arbeitswelt ist heute eine andere als vor der Pandemie. Es ist richtig, uns allen wurde in den letzten Monaten viel Flexibilität abverlangt. Aber gleich­zeitig haben wir deutlich gesehen, dass Unternehmen wie Beschäftigte die neu gewonnene Flexibilität mit Blick auf Arbeits­zeit und Arbeits­ort begrüßen. Wenn wir nicht in alte Muster zurück­fallen wollen, brauchen wir einen zeit­gemäßen Rechts­rahmen. Dieser fehlt nach wie vor. Konkret heißt das: Die Politik muss jetzt endlich mehr Flexibilität zum Beispiel im Arbeits­zeit­recht ermöglichen. Flexibilität und Freiräume für Innovationen schaffen statt weitere Regulierungen beschließen – das muss die Devise sein.

Der Wandel wartet nicht darauf, bis wir uns angepasst haben. Im Gegenteil: Entwicklungen frühzeitig zu erkennen und Weichen richtig zu stellen sind Aufgaben für uns alle. Schaffen wir das nicht, bringen wir Wachstum, Wohlstand und Beschäftigung in Gefahr.
Dr. Rainer Dulger, Arbeitgeberpräsident

Verantwortungsvolle Sozialpartnerschaft nicht einschränken 

Letztlich sind es die Sozialpartner, die am besten wissen, welche Spielräume für Beschäftigte und Unternehmen in Zukunft notwendig sind. Es gilt die digitale Arbeitswelt in der jeweiligen Branche und in den betroffenen Betrieben zu gestalten – verantwortungsvoll und zum Wohle aller. Gesetz­geberische Initiativen helfen da nicht wirklich weiter. 

Unsere Unternehmen haben enorme Summen in die Modernisierung ihrer Geschäfts­modelle und die Digitalisierung ihrer Infra­strukturen investiert. Das sind gute Voraus­setzungen für den Neustart nach der Krise. Für nach­haltige Wettbewerbs­fähigkeit braucht es aller­dings mehr: Flexibilität ist die wichtigste Grund­lage für Resilienz. Und das ist vor allem eine politische Angelegenheit. Wir brauchen flexible Rahmen­bedingungen, damit Unternehmen und Beschäftigte erfolgreich in die Zukunft blicken können. 

Homeoffice ja, Rechts­anspruch nein 

Die Arbeitgeber haben in den vergangenen Monaten eigen­verantwortlich, freiwillig und sehr zuverlässig in allen Branchen Homeoffice ermöglicht. Lücken in der technischen Ausstattung, zum Beispiel fehlende mobile End­geräte oder unzureichende Zugänge zu betrieblichen Daten- und Kommunikations­netz­werken, konnten vieler­orts bereits in der ersten Phase der Pandemie geschlossen werden. Wir Arbeitgeber haben beim Homeoffice geliefert, und das werden wir auch weiterhin tun – da, wo es interne wie externe Betriebs­prozesse zulassen. 

Ein Rechtsanspruch auf Homeoffice geht allerdings an der Realität in den Unternehmen vorbei. Denn ein großer Teil der Beschäftigten arbeitet in Bereichen und Branchen, in denen mobile Arbeit nicht umsetzbar ist. Das gilt für das Krankenhaus genauso wie für die Auto­werkstatt. Hier sind der Flexibilität mit Blick auf mobiles Arbeiten Grenzen gesetzt. Bürokratie hilft uns nicht weiter, stattdessen brauchen wir Absprachen vor Ort in den Betrieben und Flexibilität. 

Bürokratieabbau und Flexibilität wirken wie ein Konjunktur­paket 

Unser Erfolg als Wirtschaftsstandort hängt entscheidend davon ab, ob wir Unternehmen jetzt entlasten und wieder atmen lassen. Jede zusätzliche Belastung durch klein­teilige Regulierung ist da kontra­produktiv. Klar ist aber auch: Wie weit flexibles Handeln in Unternehmen gestaltet werden kann, lässt sich pauschal nicht beantworten. Jedes Unternehmen, jede Branche muss darauf eine eigene Antwort finden. Die Unternehmen und ihre Beschäftigten sind dafür im Rahmen der Sozial­partnerschaft aber gut gerüstet.

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In Kooperation mit führenden Partnern der Sozial­politik,  BDA, ver.di, AGV Banken, AGV Versicherungen, hat die VBG die Initiative „Mitdenken 4.0 – Neue Präventions­ansätze für Arbeits­prozesse in der Büro- und Wissens­arbeit“ ins Leben gerufen. Gemeinsames Ziel ist es, auf Basis aktueller Forschungs­ergebnisse Handlungshilfen für die betriebliche Praxis bereitzustellen.
Mehr Infos: www.mitdenken4null.de

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