
Herr Demuth-Schütz, das Arbeitsschutzmanagement wurde im Jahr 2007 erstmalig durch die VBG begutachtet. Was waren damals die Beweggründe, den Arbeitsschutz zu systematisieren?
Der WDR arbeitet auf Grundlage des Rundfunkstaatsvertrags, und seine Aufgaben haben auf Beschluss des Länderparlaments über die Jahre zugenommen. Nach dem Start mit dem Hörfunkprogramm kam das Fernsehen hinzu, dann die Regionalisierung mit dem Aufbau der Landesstudios und schließlich die Verbreitung von Programminhalten im Internet. Außerdem sind wir ein Unternehmen mit einer großen Fertigungstiefe. Die Bandbreite reicht von der Redaktion über Design, Kulissenbau und Studioproduktion bis zur eigenen Übertragungstechnik, um nur einige Gewerke zu nennen. Vor diesem Hintergrund gab es in den einzelnen Bereichen eine Vielzahl von Regelungen, die den Arbeitsschutz betreffen. Die Einführung des Arbeitsschutzmanagementsystems bot die Chance, diese zu ordnen und einheitlicher zu gestalten. Mit der für uns zuständigen Bezirksverwaltung der VBG in Bergisch Gladbach besteht zudem eine langjährige und gute Zusammenarbeit.

WDR-Intendant Tom Buhrow hat Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit beim Sender zur Chefsache erklärt.
Foto: WDR/Annika Fußwinkel
Rudolf Demuth-Schütz vor den Arkaden, einem der 14 Gebäude des WDR in der Kölner Innenstadt.
Foto: VBG/Mika VolkmannDas Leitbild Ihres Senders lautet: „Gemeinsam wollen wir das Leben jedes Einzelnen jeden Tag ein bisschen wertvoller machen.“ Ist dies auch der Grund für die erneute Auszeichnung?
Dabei spielt eine ganze Reihe von Faktoren eine Rolle. Wir erfahren eine stetige Unterstützung sowohl durch die Geschäftsleitung und die betrieblichen Vorgesetzten als auch durch die Personalvertretung. Hinzu kommt die Mitwirkung hoch qualifizierter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Viele von ihnen engagieren sich als Sicherheitsbeauftragte und sorgen so für sicheres und gesundes Arbeiten in ihrem beruflichen Umfeld. Davon konnten sich die Gutachterinnen und Gutachter bei ihren Audits überzeugen.
Letztes Jahr setzte der WDR als einzige aller ARD-Anstalten zusätzlich die Anforderungen der Norm DIN ISO 45001 um, die auch Fremdfirmen sowie interessierte Parteien auf besondere Weise berücksichtigt. Was hat Sie zu diesem Schritt bewogen?
Der bisherige Standard OHSAS 18001 wurde durch die 2018 veröffentlichte DIN ISO 45001 ersetzt. Die neue Norm stellt die Frage, welche Personen oder Organisationen außer den eigenen Beschäftigten für das Unternehmen noch wichtig sind. Dies betrifft allgemein auch den Einsatz von Fremdfirmen im Unternehmen in den verschiedensten Vertragsformen. Wir haben in diesem Zusammenhang geklärt, wer in unserem Unternehmen Ansprechperson bezüglich der Auftragsverantwortung ist, ob die Einweisungsunterlagen bezogen auf die Arbeitsaufgabe und den Einsatzort geeignet sind und ob in angemessener Weise dokumentiert wird. So haben wir eine gute Übersicht über die zahlreichen Schnittstellen zu Fremdfirmen und können bei Bedarf gezielt nachsteuern.
Es werden nicht nur die Risiken im Bereich Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit ermittelt und bewertet. Neu ist, zusätzlich die Chancen zu betrachten. Die Herausforderung besteht darin, das sicherheitstechnische Niveau nicht nur beizubehalten, sondern fortlaufend zu verbessern.
Nach der DIN ISO 45001 werden nicht nur die Risiken im Bereich Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit ermittelt und bewertet. Neu ist, zusätzlich die Chancen zu betrachten. Zum Beispiel kann der Einsatz mobiler Arbeitsformen dazu führen, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unter ergonomisch ungünstigen Bedingungen arbeiten und zusätzliche Belastungen durch die Entgrenzung von Arbeit und Freizeit entstehen. Mobiles Arbeiten kann aber auch Erleichterungen mit sich bringen, indem familiäre Engpässe durch kurzfristigen Betreuungsbedarf unkompliziert und unbürokratisch aufgelöst werden.
Der WDR setzt die Rechtsanforderungen nicht nur am Hauptstandort, sondern unter anderem auch in den elf Regional- und den sieben Auslandsstudios um. In welchen Bereichen sehen Sie die größten Herausforderungen hinsichtlich der Arbeitssicherheit für den Sender?
Der Stellenabbau in den vergangenen Jahren hat zu Umstrukturierungen geführt, teilweise auch zu einer weiteren Arbeitsverdichtung. Daraus resultieren Mehrbelastungen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Aufgaben werden zunehmend von Dienstleistenden übernommen. Die Herausforderung besteht darin, unter diesen veränderten Rahmenbedingungen das sicherheitstechnische Niveau in allen Abteilungen und an allen Standorten nicht nur beizubehalten, sondern fortlaufend zu verbessern.
Seit der ersten Zertifizierung im Jahr 2007 haben wir den Arbeitsschutz im WDR kontinuierlich angepasst und weiterentwickelt. Gerade in der jetzigen Situation sind die Themen Sicherheit und Gesundheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter besonders im Fokus. Denn gute Arbeitsbedingungen sind eine wichtige Voraussetzung für hochwertiges Programm.
AMS lebt von kontinuierlicher Verbesserung. 2019 war das Thema Brandschutz eines der maßgeblichen Ziele. Was haben Sie sich für 2020 vorgenommen?
Auf der Grundlage der in den Gebäuden in der Kölner Innenstadt bereits durchgeführten Gefährdungsbeurteilung konnten wir hier den Brandschutz verbessern und gleichzeitig den Aufwand reduzieren. Auch in weiteren Arbeitsstätten des WDR ermitteln wir nun, ob die bisher angewandten Maßnahmen zur Sicherung des Brandschutzes geeignet sind. Die bereits begonnene Beurteilung der Arbeitsstätten auf unserem Betriebsgelände in Köln-Bocklemünd und den Landesstudios wollen wir im laufenden Jahr fortführen und abschließen.
Ein weiteres Thema ist das Unfallgeschehen. Die Mehrheit der gemeldeten Unfälle im WDR sind Wegeunfälle. Daran haben Fahrradunfälle inzwischen einen großen Anteil. Wir rechnen damit, dass im Zuge der Diskussion um Nachhaltigkeit, Umweltschutz und Verkehrsalternativen noch mehr Beschäftigte das Fahrrad nutzen als bisher und dass es entsprechend auch mehr Unfälle geben wird. Um dem entgegenzuwirken, werden wir Fahrsicherheitstrainings für Fahrradfahrerinnen und -fahrer organisieren.
Sie tauschen sich auch halbjährlich mit anderen Sicherheitsingenieurinnen und -ingenieuren der ARD und des ZDF in einem Arbeitskreis aus. Welche aktuellen Inhalte lassen sich für die Verbesserung des AMS nutzen?
Themen sind unter anderem Neuerungen in Regelwerken zum Arbeits- und Gesundheitsschutz, sich ändernde Arbeitsformen oder der Einsatz neuer Arbeitsmittel. Die erarbeiteten Gefährdungsbeurteilungen, Betriebsanweisungen, Unterweisungsunterlagen und weitere Praxishilfen stellen wir den Mitgliedern auf einer gemeinsamen Plattform zur Verfügung. Wir bleiben aber auch zwischen den Terminen in Kontakt – gerade in besonderen Lagen wie der Corona-Pandemie. So haben wir schnell Lösungen gefunden, die den bestmöglichen Schutz für die Kolleginnen und Kollegen gewährleisten.
Mit AMS zum Erfolg
Wer „Arbeitsschutz mit System - AMS“ umsetzt, kann nicht nur davon ausgehen, dass er alle wesentlichen rechtlichen Anforderungen zum Arbeitsschutz berücksichtigt. Als alltäglicher Bestandteil aller Prozesse und Entscheidungen im Unternehmen verbessert AMS außerdem die eigene Wettbewerbsfähigkeit.
Der Aufbau erfolgt in sieben Schritten:
- Führen und organisieren
- Arbeitsbedingungen beurteilen und Maßnahmen festlegen
- Planen und beschaffen
- Beschäftigte informieren und beteiligen
- Betreuung organisieren und für Notfälle vorsorgen
- Prüfen und verbessern
- Verbesserung des AMS vornehmen
Weitere Infos zur AMS-Begutachtung:
www.vbg.de/ams
Veröffentlicht am