
Die Ausblicke könnten kaum unterschiedlicher sein. Während Stefan Wolfswinkler aus dem Fenster des VBG-Büros im Münchner Stadtteil Westend auf belebte Straßen blickt, schaut er von seinem aktuellen Arbeitsplatz im beschaulichen Unterneukirchen aus auf grüne Felder, so weit das Auge reicht. Um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen, arbeitet der 35-Jährige wie fast alle Beschäftigten der VBG momentan ausschließlich von zu Hause aus. Als Reha-Manager ist er für die persönliche Betreuung von schwer verletzten Menschen nach Arbeitsunfällen zuständig. Er bespricht bei persönlichen Treffen Rehabilitationspläne, begleitet bei Arztbesuchen und führt Gespräche mit Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern, um sicherzustellen, dass seine Klientinnen und Klienten optimal wieder eingegliedert werden können. Rund 50 Prozent seiner Tätigkeit verrichtet er dabei normalerweise auf auswärtigen Terminen, die anderen 50 verbringt er am Schreibtisch. Seit Mitte März arbeitet er durchweg von zu Hause aus. Die persönlichen Treffen ersetzen Telefonate und Videokonferenzen. „Es klappt wirklich alles wie am Schnürchen“, freut sich Wolfswinkler. „Sowohl die Kommunikation mit meinen Klientinnen und Klienten, Arbeitgebern und Arbeitgeberinnen, Krankenhäusern und Reha-Einrichtungen verläuft optimal.“ Auch der Austausch unter Kolleginnen und Kollegen hat sich ins Internet verlagert. „Ganz kann die Technik den persönlichen Dialog vielleicht nicht ersetzen, ich bin allerdings positiv erstaunt, wie gut alles läuft“, berichtet der Reha-Manager.
Um eine optimale Serververfügbarkeit bei gleichzeitig guter Erreichbarkeit zu gewährleisten, arbeitet die VBG aktuell in Schichten. Während der Frühschicht sitzt Wolfswinkler wie seine Kolleginnen und Kollegen deutschlandweit frühmorgens am Schreibtisch, zur Spätschicht betritt er am frühen Nachmittag sein Arbeitszimmer. So teilt er sich mit seiner Frau auch die Betreuung der drei Söhne. Ein Vierzehnjähriger will unterrichtet, ein Vierjähriger bespielt und ein Einjähriger gekuschelt werden. „Viel persönliche Freizeit gibt es da nicht, allerdings genieße ich die gemeinsame Zeit mit meinen Kindern sehr“, verrät der gelernte Sozialversicherungsfachangestellte, der seit 18 Jahren für die VBG tätig ist. Nach Abschluss des Zertifikationsstudiengangs Reha-Management arbeitet er seit 2013 in seiner heutigen Funktion.
Die Coronavirus-Pandemie brachte auch in seinem Job jede Menge neuer Herausforderungen mit sich. Bei vielen Patientinnen und Patienten gab es Sorgen. Die Angst vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus dominierte so gut wie alle Gespräche. „Unseren Klientinnen und Klienten, die aufgrund ihres Alters oder von Vorerkrankungen zur Risikogruppe gehören, wurde freigestellt, ob sie die stationäre oder ambulante Rehabilitation weiterführen möchten. Man merkte eine gewisse Unsicherheit bei all unseren Klienten. Dies konnten wir gut auffangen, da wir gemeinsam mit den Ärztinnen und Ärzten Aufklärungsarbeit geleistet haben. Es wurden kaum Reha-Aufenthalte ab- beziehungsweise unterbrochen. Fast alle Aufenthalte konnten regulär abgeschlossen werden“, meint er. „Überhaupt gilt es, jeden Fall individuell zu betrachten. Eine Standardlösung gibt es für Rehabilitanden nicht“, erklärt Wolfswinkler. Für die gute Betreuung in dieser Ausnahmesituation gab es viel Anerkennung von den Beteiligten. Und Vertrauen: „Bei neuen Kontakten ist vielleicht etwas mehr Überzeugungsarbeit nötig als bei bereits bestehenden, da der persönliche Erstkontakt hier schon wichtig ist“, hat er festgestellt.
Eine Standardlösung gibt es für Rehabilitanden nicht.
„Am Anfang wusste einfach keiner so genau, wie es jetzt weiterlaufen sollte“, erinnert sich Wolfswinkler. In der medizinischen Behandlung und in der Rehabilitation wurden zunächst viele Patientinnen und Patienten entlassen, weil Platz für Intensivbetten gemacht werden musste. „Für diese haben wir allerdings schnell ambulanten Ersatz gefunden. Nach vielleicht zehn etwas unsicheren Tagen hat sich zudem gezeigt, dass die meisten Therapien unter Berücksichtigung erweiterter Hygienevorschriften weiterhin gut durchgeführt werden können“, stellt er fest. Einige Therapeutinnen und Therapeuten hätten beispielsweise recht schnell auf Videotelefonie umgestellt, und so konnte in vielen Fällen sehr schnell wieder zum Therapiealltag zurückgekehrt werden. „Für mich war es positiv, wie schnell die Berufsförderungswerke ihre Maßnahmen digitalisiert haben. Rehabilitandinnen und Rehabilitanden, die in ihre ursprünglichen Berufe nicht mehr zurückkehren können, werden in der beruflichen Rehabilitation von Berufsförderungswerken und Berufsförderungszentren persönlich betreut. Für mich war es positiv, wie schnell diese ihre Maßnahmen als E-Learning-Angebote fortführen konnten. Unsere Klienten haben dadurch überhaupt keine Nachteile“, sagt er.
Wolfswinkler ist sich sicher: „Wir werden diese Zeit gut überbrücken.“ Der regelmäßige Austausch mit den Kolleginnen und Kollegen innerhalb der VBG lehrt ihn, dass er mit dieser Einstellung nicht allein dasteht. „Eigentlich sind sich alle einig, dass wir unseren Aufgaben auch aus dem Homeoffice sehr gut nachkommen können“, erklärt Wolfswinker. „Trotz Pandemie herrscht alles andere als Stillstand.“
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