
Stellen Sie sich vor, Ihr Unternehmen hat sich zum Ziel gesetzt, ein neues Produkt zu entwickeln. Ganz genau weiß niemand, wie dieses aussehen soll, einige Rahmendaten stehen allerdings fest: Digital soll es sein und sich an eine jüngere Zielgruppe richten. Sie haben jetzt verschiedene Möglichkeiten: Sie können verantwortliche Projektmanager und -managerinnen benennen, ein klassisches Projektteam zusammenstellen und darauf warten, dass ein Anforderungsprofil und ein erster Entwurf des neuen Produktes entwickelt werden. Oder Sie können die Aufgabe – ganz zeitgemäß – mithilfe eines agilen Projektmanagements angehen. 79 Prozent aller Unternehmen, die Projekte agil bearbeiten, arbeiten einer Umfrage von Bitkom Research aus dem Jahr 2019 zufolge mit der Methode Scrum.
Der Begriff kommt aus dem Rugby und bezeichnet eine Standardsituation, um das Spiel nach einem Aus wieder zu beginnen. Die Spielerinnen und Spieler arbeiten dabei auf spontane Weise eng zusammen und bewegen sich in dieselbe Richtung. Zwei japanische Professoren, die 1986 die Vorzüge gleichberechtigter Kollaboration gegenüber hierarchischer Organisation im Projektmanagement in einem Artikel im renommierten Magazin Harvard Business Manager vorstellten, übertrugen die Begriffe „Scrum“ und „Sprint“ darin erstmals vom Sport auf die Berufswelt.
Ganz schön sportlich
Scrum gibt keine Prozesse vor, sondern stellt ein Spielfeld mit Regeln auf, in dem die Nutzerinnen und Nutzer ihre Arbeit selbst organisieren können. Als Rahmenwerk zur Entwicklung, Lieferung und Wartung komplexer Produkte setzt es auf eine Vorgehensweise in kurzen, zeitlich begrenzten Schleifen, den Sprints. Nach dem Grundsatz, dass ein funktionierendes Produkt wichtiger ist als eine hundertseitige Dokumentation, hilft dies dabei, wesentliche von unwesentlichen Features zu trennen, Aufgaben zu priorisieren und Ressourcen effektiv und effizient einzusetzen.
Entwicklungsteams, die mit Scrum arbeiten, bestehen idealerweise aus fünf bis zehn Mitgliedern und sind interdisziplinär zusammengesetzt. Einige Funktionen sind dabei klar definiert: Als Product Owner werden die internen Auftraggeberinnen und Auftraggeber bezeichnet. Sie verwalten dafür das sogenannte Product Backlog, eine Liste von Anforderungen an das Produkt, die sich stetig verändert. Die Product Owner sind Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner für Rückfragen aus dem Team, erteilen aber keine Anweisungen.
Scrum Masterinnen und Master sind dafür verantwortlich, dass die Regeln eingehalten werden, zum Beispiel dass der Status aller Tasks von den zuständigen Teammitgliedern täglich aktualisiert wird. Zum Beispiel visualisieren sie die einzelnen Fortschritte und machen frühzeitig auf Herausforderungen und Verzögerungen aufmerksam. Scrum Masterinnen und Master streben eine ständige Optimierung der Prozesse an. Zusätzlich fungieren die sogenannten Stakeholder als Beobachterinnen und Beobachter sowie Ratgeberinnen und Ratgeber.

In Kooperation mit den Product Ownern bearbeiten die Entwicklungsteams während eines Sprints ein definiertes Arbeitspaket. Dabei setzen sie dieses samt Tests und notweniger Dokumentation vollständig um. Um die Fertigstellung dieser Arbeitspakete, Increments genannt, nicht zu gefährden, dürfen sie nicht durch zusätzliche Anforderungen verändert werden. Um den Überblick zu bewahren, berichtet beim 15 Minuten dauernden täglichen Daily-Scrum-Meeting jedes Teammitglied über seinen jeweiligen Status.
Die Entwicklungszyklen selbst bestehen aus drei Phasen:
- Apply (anwenden):
Hier wird die Entwicklung gestartet und die Idee aktiv umgesetzt. - Inspect (prüfen):
Der Erfolg wird regelmäßig kontrolliert, und es werden Fehler in Produkten und Prozessen analysiert. - Adapt (anpassen):
Die Spezifikationen werden präzisiert und die Prozesse verbessert.
Mit Teamgeist in die nächste Runde
Nach dem Sprint präsentiert das Team dem Product Owner sowie den Stakeholdern in einem sogenannten Review-Meeting die Ergebnisse. Das Feedback der der Zuseherinnen und Zuseher und die neuen Anforderungen des Product Owners für den kommenden Sprint fließen in das nächste Meeting ein. Anschließend beginnt das Spiel von Neuem.

Mitdenken 4.0
Führungskräfte haben durch die zunehmende Digitalisierung viele neue Herausforderungen zu bewältigen. In Kooperation mit führenden Partnerinnen und Partnerinnen der Sozialpolitik hat die VBG die Initiative „Mitdenken 4.0 – Neue Präventionsansätze für Arbeitsprozesse in der Büro- und Wissensarbeit“ ins Leben gerufen. Das Ziel: Auf Basis aktueller Forschungsergebnisse entstehen Handlungshilfen für die Praxis im Betrieb – in Form von Information, Beratung und Qualifizierungsangeboten. Mehr Infos finden Sie hier.
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